Autoreaktive Urtikaria - was mir geholfen hat

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Tina77
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Autoreaktive Urtikaria - was mir geholfen hat

Beitrag von Tina77 »

Hallo zusammen,

habe mich hier im Forum angemeldet, um meine lange Leidensgeschichte zu meiner chronischen spontanen Urtikaria zu erzählen und auch, wie ich sie bis heute (fast) überwunden habe. Ich will damit nicht sagen, dass ich eine generelle Lösung für alle mit chronischer Urtikaria habe, aber ich habe ein paar Infos aus meiner Erfahrung mit meinem Fall zusammengetragen, bei denen ich denke, dass sie vielleicht für den einen oder anderen von euch nützlich sein könnten oder zumindest ein Denkanstoß sein könnten, den eigenen individuellen Fall zu überdenken und vielleicht mit alternativen Therapieansätzen zu ergänzen.

Angefangen hat bei mir alles im Winter 2013/2014: Ich hatte beruflich enormen Stress, also nicht nur sehr viel Arbeit und Leistungsdruck, sondern auch trotz mehrmaliger Bitte an meine damaligen Chefs, Unterstützung zu bekommen, keine Hilfe bekommen. Also arbeitete ich im Dezember trotz Erkältung munter weiter und schaffte es gerade so in den Weihnachtsurlaub, in dem ich dann mit meinem Mann kurz nach Weihnachten nach Gran Canaria zum Erholen geflogen bin. Leider hatten wir im Rücktransferbus eine stark erkältete Mitfahrerin (vermutlich war es sogar Grippe, da die Frau schwer fiebernd im Bus saß), so dass wir beide – in Deutschland angekommen – erstmal ordentlich krank wurden (grippaler Infekt mit Fieber).

Und ab da ging es bei mir im Januar 2014 mit der Urtikaria los: Erst kleine viele rote Quaddeln an den Oberschenkeln, die täglich und immer über Nacht auftraten und ca. 12 Stunden blieben, und dann – ihr kennt es ja – der heftige Juckreiz dazu. Erst dachte ich, dass das eine Unverträglichkeit auf die Hustentees oder Erkältungsmedikamente (Grippostad, Contac etc.) sein würde und spätestens nach Absetzen der Medis weggehen würde. Da das aber nach der Erkältung/Grippe nach 2-3 Wochen immer noch nicht der Fall war, ging ich in die Apotheke und schilderte meine Beschwerden, woraufhin die Apothekerin mir sagte, dass das Urtikaria sei (ich kannte die Hautkrankheit vorher überhaupt nicht) und mir Cetirizin gab.

Täglich eine Tablette Cetirizin abends half mir auch eine ganze Weile (ca. 1-2 Monate), doch dann reichte die eine Tablette nicht mehr aus, die täglich über Nacht auftretenden Quaddeln zu unterdrücken. Es wurde sogar manchmal schlimmer als vorher, d.h. jetzt waren auch die ganzen Beine betroffen und manchmal auch Bauch & Rücken (trotz täglichem Cetirizin). Da wurde ich natürlich unruhig und genervt und ging zum Hausarzt, der mir eine 2-wöchige Cortison-Kur verschrieb (1. Woche 20 mg Prednisolon, 2.Woche 10 mg Prednisolon). Diese „Kur“ machte ich auch und natürlich waren in der Zeit alle Quaddeln komplett unterdrückt. Für ein paar Wochen nach dem Cortison hatte ich auch (fast) keine Quaddeln, aber dann kamen sie im Juli 2014 wieder zurück und mein Hausarzt überwies mich zum Hautarzt. Mittlerweile war es September 2014, bis ich überhaupt dank langer Wartezeit (bin nicht privatversichert) beim Hautarzt war. Der sagte mir, dass das eine „postinfektiöse chronische Urtikaria“ sei und die von selbst nach einer Weile verschwinden würde. Zu meiner Enttäuschung machte er also keine Ursachensuche bei mir, sondern empfahl mir weiterhin Cetirizin und in schlimmen Phasen kurzzeitig Cortison. Immerhin bot er mir an, dass er mich bei Bedarf in die Hautklinik zur Ursachenabklärung überweisen könnte.
Danach ging die Urtikaria trotz Cetirizin und Kurzzeit-Cortison im Herbst 2014 schwankend weiter: Täglich hatte ich Quaddeln, aber manchmal nur wenige (< 20 Stück pro Tag) und manchmal richtig viele (>100 Stück pro Tag). Ich hatte nach wie vor beruflich im Herbst/Winter 2014 viel Stress, zudem hatten wir im Frühjahr 2014 auch ein Haus gekauft und waren im Frühjahr und Sommer 2014 mit Renovieren und Umzug – was trotz viel Arbeit Spaß gemacht hat, weil es ja unser Eigenheim ist :D - in der freien Zeit neben der Arbeit schwer beschäftigt, so dass ich kaum zur Ruhe kam und die Urtikaria mehr oder weniger einfach hingenommen hatte.

Da aber Ende 2014 die Quaddeln wieder deutlich stärker wurden (trotz Cetrizin), war ich davon wieder so genervt, dass ich dachte, es hätte vor allem mit dem Stress und der Unruhe zu tun, der ich ausgesetzt bin und ich vielleicht mit einer Art Entspannungsmethode das Ganze lindern könnte. Also ging ich zu meiner damaligen, schon pensionierten Hautärztin (also nicht zu dem Hautarzt, bei dem ich im September 2014 war), die sich privat auf Hypnotherapie zur Linderung von Hautkrankheiten und Allergien spezialisiert hatte. Meine Hypnotherapie lief ganz grob vereinfacht so ab: Man wird hypnotisiert und im hypnotisierten Zustand zu den Ursachen seiner Krankheit befragt. Anschließend lernt man im hypnotisierten Zustand eine Visualisierungsübung, die meist auf positiven Bildern, die mit bestimmten Farben verbunden sind, basiert. Diese Visualisierungsübung soll die Selbstheilungskräfte aktivieren und auch für Entspannung und Linderung der Erkrankung sorgen. Meine Erfahrung mit Hypnotherapie ist sehr positiv aus folgenden Gründen:

1. Hypnose macht einen nicht willenlos, also braucht man keine Angst davor zu haben, hypnotisiert zu werden und damit von anderen komplett kontrollierbar – auch gegen den eigenen Willen – zu sein. Im Gegenteil: Es ist ein ziemlich cooles Gefühl, hypnotisiert zu sein 8) . Es ist ein Zustand in dem man „geistig schläft“ (Trance), aber auch gleichzeitig hellwach ist und der eigene Wille dabei eben nicht abgeschaltet wird.

2. Im hypnotisierten Zustand bekommt man Zugang zum eigenen Unterbewußtsein, kann sich bildhaft in Phantasiewelten träumen und ist gleichzeitig doch ansprechbar, so dass man Fragen des Hypnotiseurs ganz klar beantworten kann. Das hilft einem, die Ursache für das eigene Problem herauszufinden, was man durch gezielte Fragen letztendlich selbst beantwortet, da das Unterbewußtsein Gefühle, Reize und Eindrücke enthält, die im Bewußtsein (noch) nicht verarbeitet wurden. Bei mir wurde während der Hypnotherapie klar, dass der Stress eine enorme Rolle spielte und aber auch eine somatische, also organische Ursache an der Urtikaria beteiligt war (was sich beides später bestätigen sollte).

3. Man kann durch Verstehen der psychischen Ursache logischerweise die Krankheit von der psychischen Komponente angehen, in dem man Visualisierungsübungen erlernen kann, die die Krankheit zumindest deutlich lindern können. Meines Wissens ist dabei noch nicht ganz verstanden, wie hier die Selbstheilungs- oder zumindest Linderungskräfte funktionieren. Bei mir hat jedenfalls die Visualisierungsübung, die ich auch neben den Hypnotherapiestunden gemacht habe (waren ca. 6-7 Stunden, ein- bis zweimal pro Monat), die Krankheit deutlich gelindert und sogar dazu geführt, dass ich von Januar 2015 bis März 2015 komplett beschwerdefrei war (auch ohne Medikamente). Auch heute noch wende ich manchmal noch die Visualisierungsübung an.

Wer Hypnotherapie mal ausprobieren will, sollte am besten googeln, wo in der eigenen Region ein Hypnotherapeut tätig ist (gibt leider nicht so viele Ärzte oder Heilpraktiker, die das anbieten). Leider wird Hypnotherapie von den Krankenkassen bei gesetzlich versicherten Kassenpatienten nicht bezahlt; eine Stunde Hypnotherapie (60 Min) ist nicht gerade billig (75 Euro in meinem Fall) und vermutlich als alleinige Methode zur Behandlung der Urtikaria nicht immer ausreichend. Ich denke aber, dass es dennoch eine sanfte und gute Methode ist, die die anderen Behandlungsansätze der Urtikaria ergänzen kann.

(Fortsetzung Teil 2 folgt)
Zuletzt geändert von Tina77 am 29 Jan 2017, 18:37, insgesamt 1-mal geändert.
Tina77
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Re: Autoreaktive Urtikaria - was mir geholfen hat

Beitrag von Tina77 »

Teil 2

Zurück zu meinem Fall: Ich war natürlich enttäuscht, dass die Urtikaria im März/April 2015 wieder kam und die Hypnotherapie diese zwar weiterhin linderte, aber die Quaddeln nie ganz abschaffen konnte. Trotz zusätzlicher Akupunktur (Hypnotherapie kann man auch gut mit Akupunktur kombinieren) blieben mir die Quaddeln weiterhin täglich erhalten :o .

Zu dieser Zeit fand ich durch Zufall noch etwas heraus: Weil ich einmal wegen schwerer Kopfschmerzen abends Aspirin einnahm, stellte ich am nächsten Morgen überrascht fest, dass ich (fast) keine Quaddeln hatte, obwohl die Tage zuvor die Urtikaria stärker gewesen war. Also probierte ich es einen weiteren Abend aus, nach dem Abendessen eine Aspirin einzunehmen und zu schauen, wie verquaddelt ich am nächsten Tag wohl sein würde. Tatsache, kaum Quaddeln am nächsten Tag und so nahm ich vom Juni 2015 bis in den November 2015 täglich abends eine Cetirizin und eine Aspirin oder alternativ eine Cetirizin und eine Ibuprofen ein (Ibuprofen und Aspirin niemals zusammen einnehmen, die beiden Medis vertragen sich zusammen überhaupt nicht!!!).

Nach einer Weile im Sommer 2015 passierte aber Folgendes: die ersten 2 Monate (also Juni und Juli 2015) klappte der „Aspirin-Trick“ sehr gut, d.h. ich nahm abends die Cetirizin und Aspirin ein und hatte am nächsten Tag fast keine Quaddeln (< 10 Stück). Ab Juli/August 2015 wurden aber dafür die Quaddeln dicker und stärker gerötet, fingen auch an zu brennen anstatt zu jucken und verteilten sich über den gesamten Körper und blieben mindestens 12 Stunden bestehen, bevor sie wieder abklangen. Zudem konnte die Aspirin bzw. Ibuprofen die Quaddeln auch nicht mehr gut unterdrücken und es kamen zunehmend immer mehr Quaddeln wieder durch, die dann schon ödemhaft waren. Da bekam ich dann die Panik, weil sich das Ganze doch wieder in eine viel schlechtere Richtung entwickelte und schrieb die Hautklinik der Uniklinik Mainz an, um nun endlich an die – somatische – Ursachenforschung meiner chronischen Urtikaria zu gehen.

Die Überweisung in die Hautklinik holte ich mir noch vom Hautarzt, bei dem ich schon im September 2014 war, und ging dann im August 2015 in die Urtikaria-Sprechstunde der Uniklinik Mainz. Hier wurde zuerst eine gründliche Blutuntersuchung gemacht und gleich damit festgestellt, dass ich eine autoreaktive bzw. autoimmunbedingte chronische spontane (also täglich auftretende) Urtikaria habe. Als Hintergrund dazu muss ich sagen, dass ich seit 2010/2011 schon an Psoriasis arthritis litt, was auch eine autoimmune Erkrankung ist und ich bis Winter 2014/2015 das Medikament Sulfasalazin einnahm. Die Psoriasis arthritis war aber seit Mitte 2013, also noch lange vor dem ersten Urtikaria-Schub im Januar 2014, zum Stillstand gekommen und es wurde später auch nach Absetzen vom Sulfasalazin klar, dass dieses Medikament nicht die Ursache für die Urtikaria war. Aufgrund der ersten Diagnose wurde aber noch kein Therapiekonzept erstellt, sondern ich sollte mich zur Besprechung dieser Diagnose zunächst mit meinem überweisenden Hautarzt in Verbindung setzen. Ärgerlicherweise bekam ich bei dem erst einen Termin im November 2015, obwohl ich im August 2015 schon die Praxis anrief und auch hier wieder frustriert als gesetzlich Versicherte mein Leid stillschweigend bis zum Termin ertragen musste.

Ihr kennt das ja, nach Antihistaminika und Cortison können einem die meisten Hausärzte und auch Hautärzte nicht mehr weiter beraten. Ich hatte zu dem Zeitpunkt schon weitere Antihistaminika als Cetirizin ausprobiert: Loratadin und Urtimed, die beide bei mir nicht halfen, lediglich die „alten“ Antihistaminika Tavegil und Levocetirizin wirkte vergleichbar mittelmäßig wie das Cetirizin, aber konnten auch nie alle Quaddeln unterdrücken. Endlich war der lang ersehnte Termin beim Hautarzt im November 2015 da und meine Haut – typisch Vorführeffekt – war an dem Tag nur wenig an den Beinen verquaddelt. Der Hautarzt sagte mir die Diagnose „autoreaktive Urtikaria“ und dass ihm dazu nur noch ein „Wundermittel“, wie er es nannte, einfiel, und das hieß Ketotifen. Dieses Medikament ist eigentlich zur Linderung von Asthma zugelassen und hat wohl in manchen Fällen auch bei Patienten mit chronischer Urtikaria die Symptome nach ein paar Wochen Einnahmezeit deutlich verbessert. Ich bekam noch den Hinweis, dass die Urtikaria zu Beginn der Einnahme erst schlechter werden könnte und, falls es zu schlimm würde, ich das Medikament lieber absetzen sollte. Hier zeigte sich mal wieder, dass bei Hauterkrankungen die Dermatologen oft viel herumexperimentieren (müssen), um überhaupt eine hilfreiche Therapie zu finden, ohne die zugrundeliegende, meist sehr komplexe Ursache zu kennen, was für den Betroffenen sehr belastend sein kann. Deshalb bin ich leider prinzipiell auf reine schulmedizinische Dermatologie bei Urtikaria nicht so gut zu sprechen :evil: .

Bei der Einnahme von Ketotifen, einer weiteren Erkältung, einer bis dahin durchgängigen täglichen Einnahme von Aspirin oder Ibuprofen und Tavegil als Antihistaminikum verstärkte sich die Urtikaria im November 2015 drastisch mit ödemhaften Quaddeln am ganzen Körper (>100 Stück), so dass ich das Ketotifen nach wenigen Tagen sofort absetzte und den Hautarzt um Hilfe bat. Der schickte aber nur seine Sprechstundenhilfe vor, mir 6-Tage-Cortison zu geben und kapitulierte damit letztenendlich, mich weiter zu behandeln.

Ihr könnt euch vorstellen, wie wütend ich auf den Hautarzt war und wie beschissen es mir da ging. Aber es kam noch schlimmer:
Kurz nach dem Cortison/Ketotifen/Aspirin-Kuddelmuddel eskalierte die Urtikaria extrem: Neben ödematösen Quaddeln am ganzen Körper ging mir eines Nachmittags buchstäblich der Hals zu, mein Gesicht schwoll an und ich bin mit Blaulicht sofort in die Klinik Hofheim gesaust; Verdacht „Anaphylaktischer Schock“. Zum Glück konnten die Notfallärzte dank Hochdosis-Cortison und Tavegil verhindern, dass noch ein Luftröhrenschnitt gemacht werden musste, konnten mich aber auch nur mit hohen Dosen Cortison (Prednisolon 50 mg/Tag) über mehrere Tage im Krankenhaus behandeln und wunderten sich, dass bei Nachlassen der Wirkung vom Cortison die Quaddeln mit geballter Kraft wiederkamen. Immerhin wurde ich auf Lungenfunktion, Asthma und meine Atemwege komplett durchgecheckt und somit weiß ich heute, dass ich 100%ig kein Asthma habe (was ich schon vorher wußte :lol: ). Noch in der Klinik Hofheim rief ich dann direkt bei der Uniklinik Mainz an und schilderte denen meine Pleite (lange Wartezeit, schlechte Therapie) mit dem behandelnden Hautarzt und der bislang fehlenden Therapie bei derzeit kaum auszuhaltender Krankheitsaktivität (ganzer Körper verquaddelt, brennende Quaddeln über 12 Stunden am Tag, ständig veränderndes Hautbild und fiebriges Gefühl im Urtikaria-Schub). Hier nochmal der Hinweis: Aspirin/Ibuprofen/Diclofenac mögen zwar kurzfristig lindern, sind aber bei Urtikaria völlig kontraproduktiv und verschlimmern die Krankheit bei längerfristiger Einnahme – gut möglich, dass diese Medikamentenkombi zu meinem Krankenhausaufenthalt geführt hat!

Aus dem Krankenhaus draußen gab es dann täglich Cortison und eine Cetirizin pro Tag (das Aspirin hatte ich dann endgültig abgesetzt) und ich war dann endlich im Dezember 2015 direkt in der Urtikaria-Sprechstunde in Mainz angekommen. Zusätzlich zu dem täglichen Cortison, dass ich nur sehr schwer (ständiger Rebound-/Schubeffekt nach Dosisreduktion, d.h. Quaddeln kommen dann voll verstärkt für 1-2 Tage, bis sich das Ganze etwas beruhigt) und sehr langsam von anfänglich 50 mg Prednisolon/Tag (auf zwei Gaben morgens und abends verteilt) über wöchentliche Reduktion bis in den März 2016 hinein einnahm und dann abgesetzt hatte, wurden bei mir folgende Therapieansätze in Mainz gemacht:

1. Xolair-Gabe alle 4 Wochen mit 4 Cetirizin täglich: Nach ca. drei Monaten Xolair-Spritzen wurde – trotz Erhöhung der Xolair-Dosis – offensichtlich, dass meine Quaddeln leider unzureichend unterdrückt werden konnten und ich immer noch schubweise am ganzen Körper starke, ödematöse Quaddeln bekam und auch das Gesicht in einem Schub manchmal heftig geschwollen war (wenigstens ging mir nicht mehr der Hals zu). Deshalb brachen die Ärzte bei mir die Xolair-Behandlung wegen mangelnder Wirsamkeit im Februar 2016 ab.

2. Ab Februar 2016 bekam ich eine 3-monatige Ciclosporin Kur (100 mg morgens, 100 mg abends) in Kombination mit den 4 Cetirizin täglich, was die ersten 2 Monate fast alle Quaddeln unterdrückte und ich mich wohl wie seit langem nicht mehr gefühlt hatte. Dann kamen die Quaddeln wieder etwas durch und die tägliche Dosis Ciclosporin wurde deshalb auf 300 mg/Tag erhöht. Dann kamen aber auch sehr unangenehme Nebenwirkungen bei mir mit Bluthochdruck, Monatszyklusstörungen (die sich erst 4-6 Monate nach Absetzen des Ciclosporins wieder einigermaßen normalisiert hatten) und Wassereinlagerungen in den Beinen (mal schnell 3 kg zugenommen dank Wasser, ganz toll :( ). Also mussten wir das Ciclosporin auch Ende Mai absetzen und ich hatte einen phänomenalen Rebound-Effekt, dass ich nachts schon nicht mehr schlafen konnte, weil mein ganzer Körper von den Quaddel-herden brannte wie Feuer.

3. Weil 1. Und 2. Schon die „Hammer-Therapien“ waren, die bei mir nicht fruchteten, kam ich dann für eine Woche zur weiteren Ursachenabklärung stationär in die Hautklinik Mainz. Hier wurde ich buchstäblich auf Herz und Nieren geprüft: Alle Organe und Lymphknoten/-bahnen durchgecheckt, Blut & Urinuntersuchung, Allergietest, rheumatologische, HNO-, und zahnmedizinische Untersuchung; Ergebnis: kein Befund (auch nicht die schon früher bekannte Psoriasis Arthritis), Verdacht auf autoinflammatorische Ursachen und ggf. Unverträglichkeiten (welche, weiß man nicht). Daraufhin bekam ich als Basismedikation 1 Montelukast (mittags oder abends), 1 Ranitidin (abends) und 4 Cetirizin (2 morgens, 2 abends) verschrieben, als ich dann fast symptomfrei mit dieser Medikation Juni 2016 die Klinik verlies.

Jetzt könnte man meinen: Ende gut, alles gut. Aber dem war nicht so: Nach 2 Wochen Montelukast (was offenbar recht gut gegen die Ödeme half), Ranitidin (was als H2-Antihistaminikum abends die Quaddeln immerhin einigermaßen zurückdrängte) und Cetirizin kam die Urtikaria verstärkt wieder und auch ein Schub Quaddeln über den gesamten Körper. Ich nahm daher für 1 Woche wieder hochdosiertes Cortison, was den Schub aber verschlimmerte (immer noch starke Quaddeln trotz Cortison). Also ging ich wieder in die Urtikaria-Sprechstunde und bekam zusätzlich zu den 3 Medis noch Dapson (50 mg, also eine Tablette pro Tag) verschrieben. Ich fragte „Ersetzt diese eine Tablette dann die anderen 3 Medis?“, Antwort:“ Nein, die müssen Sie zusätzlich nehmen.“ Da ging bei mir innerlich der Vorhang runter und ich fing komplett von vorne an....

(Fortsetzung Teil 3 folgt)
Tina77
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Re: Autoreaktive Urtikaria - was mir geholfen hat

Beitrag von Tina77 »

Teil 3

ALTERNATIVES KONZEPT, DAS MIR AM BESTEN GEHOLFEN HAT :P :D

1. STRESSBEWÄLTIGUNG & ORDNUNG IM LEBEN: Erstmal habe ich meine gesamte private und berufliche Situation komplett mithilfe eines Psychotherapeuten überdacht. Wenn man so oft k.o. wegen der Urtikaria ist, weil sie so heftig ist, dass man ständig zuhause bleiben muss, hat man viel Zeit, einiges zu überdenken. So wurde mir klar, dass ich ein Stressbewältigungs-problem hatte, also auch vieles aus der Arbeit nicht richtig verarbeitet hatte und somit die somatische, also körperliche Seite alleine und die vorgeschlagenen, rein symptomatischen Behandlungsmethoden in meinem Fall offenbar nicht der Schlüssel zum Erfolgbei der Urtikaria-Behandlung waren. Ich entschied mich daher schon im Winter 2015/2016, nach dem Notfall-Krankenhausbesuch für eine tiefenpsychologische Psychotherapie, schon allein deshalb, um den ganzen Stress der Krankheit selbst ertragen zu können und ein Durchhaltevermögen zu entwickeln. Ich würde AUF JEDEN FALL jedem mit chronischer autoreaktiver Urtikaria raten, die Krankheit GANZHEITLICH und nicht nur somatisch zu betrachten, weil oft mehrere Faktoren in diese nervenzerreibende Krankheit mit hinein spielen. Die Therapie half mir, bestimmte alltägliche Dinge in meinem Leben zu ordnen, ruhiger zu werden, und die Krankheit auch zuzulassen, d.h. bei einem Schub nicht in Panik zu verfallen, sondern ruhig zu bleiben und einen Schub auch mal „auszuhalten“. Ich erlernte für solche Phasen des Aushaltens, was zugegebenermaßen enorme Willenskraft erfordert, autogenes Training nebenbei, was zusammen mit den Visualisierungsübungen aus der Hypnotherapie meine persönliche „Abschaltmethode“ ist, die das Aushalten erträglich macht. Den Job habe ich mittlerweile auch gewechselt. Ansonsten nehme ich mir mehr Zeit für Verschnaufpausen und versuche, die alltäglichen Dinge nicht mehr so eng, also positiver zu sehen und lasse den negativen Stress nicht mehr so nahe an mich ran. Es soll ja das Schlechte „nicht zu sehr unter die Haut gehen“, damit man sich „noch wohl in seiner Haut fühlt“ :wink: .

2. QUADDELN UM JEDEN PREIS UNTERDRÜCKEN = GROSSER FEHLER!
Jeder Quaddel-Schub beruhigt sich nach einiger Zeit von selbst - dementgegen schaukelt eine ständige Einnahme von Cortison die Urtikaria (manchmal gefährlich) hoch. Cortison ist ein Stresshormon, das das Immunsystem auf Dauer schwächt und somit die Urtikaria auf Dauer eher begüstingt. Also ist Cortison wirklich nur für absolute Notfälle (wenn der Hals/die Atmenwege zugehen, dann aber besser ein Trinkcortison wie Betamethason verwenden) zu empfehlen, z.B. als 5-6-Tage-Hochdosiskur mit z.B. Prednisolon in sehr schlimmen kurzen Schub-Phasen; aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich, dass eine dauerhafte Cortison-Einnahme über mehrere Wochen und Monate absolut kontraproduktiv ist und die Urtikaria meist verschlimmert. Ein weiterer Fehler war bei mir die Aspirin- bzw. Ibuprofeneinnahme, die nur sehr kurzfristig wirkt, aber auf Dauer ebenfalls fast immer die Urtikaria verschlimmern kann: Ich entwickelte mit der Zeit eine Unverträglichkeit auf die beiden Medikamente, was die Urtikaria noch stärker provozierte. Wer weiß, wie stark das Aspirin/Ibuprofen damals die Notfallsituation im November 2015 mitverursacht hat, also rate ich jedem, die Finger weg von dem „Aspirin/Ibu-Trick“ zu lassen (dies gilt auch für Diclofenac, was ich nicht nahm, aber ähnlich wirkt). Also lieber ergänzend eine langzeitliche Therapieform wählen und vieeeeel Geduld aufbringen zu warten, bis die Alternativtherapie wirkt (meist einige Wochen oder Monate).

3. HEILPRAKTISCHE BEHANDLUNG IN KOMBINATION MIT SCHULMEDIZIN
Wie ich schon geschrieben habe, hatte ich zum einen neben der Schulmedizin die Hypnotherapie ausprobiert, habe aber noch weitere alternative Methoden neben der Schulmedizin ausprobiert allsda wären: Schüsslersalze (Nr. 2, 3, 4 und 8, leider mit keinem nennenswerten Erfolg), Heilfasten (half leider nur temporär während und kurz nach dem Fasten) und – was bei mir den durchschlagenden Erfolg gebracht hat – die Behandlung durch eine heilpraktische Ärztin. Nichts gegen die Schulmedizin: Derzeit nehme ich immer noch die Kombi aus Cetirizin, Montelukast und Ranitidin (in der Hoffnung, künftig nach und nach die Medikation reduzieren zu können). Aber wie schon früher gesagt reicht diese Medikation bei mir nicht aus und zudem behandelt die Schulmedizin in meinem Fall die autoimmune Urtikaria rein symptomatisch und nicht ursächlich, weil autoimmune Entzündungen nicht einfach „abgeschaltet“ werden können. Die Heilpraxis arbeitet da schon wesentlich ursächlicher und hat mein Immunsystem, was offensichtlich schon stark geschwächt war (was durch die Hammer-Medikamente wie Cortison, Ciclosporin etc. leider noch schlimmer wurde), erstmal wie folgt gestärkt: Zuerst habe ich seit Juli 2016 ergänzend zu den schulmedizinischen Medikamenten Globuli (5 am Tag, ich weiß leider nicht, was der Wirkstoff darin ist), homöopathische Tropfen (Mischung unbekannt) und Sankombi D5-Tropfen (zweimal täglich 5 Tropfen) bekommen sowie Vitamin D3 (Dekristol 20.000 I.E., eine Kapsel wöchentlich) und hochdosiertes Glutathion + Curcumin, was ich täglich einnehmen soll. Dazu nahm ich zu Beginn der homöoathischen Behandlungen für 30 Tage zusätzlich noch täglich 1 Tablette Traumeel sowie einen 1 Tablette eines Vitamin B-Komplexes ein. Damit verhinderte ich schon starke Urtikariaschübe und senkte die gesamte Aktivität der Krankheit, also Zahl und Intensität der Quaddeln massiv ab. Seit November 2016 mache ich zusätzlich noch eine Eigenbluttherapie, wo ich alle 2 Wochen mein eigenes Blut sowie auch Vitamin B12 gespritzt bekomme. Abends nehme ich zusätzlich noch eine Tablette Eisen (Plastulen, 75 mg) nach dem Abendessen ein. Dank homöopathischer Medikation & Eigenbluttherapie habe ich seit 2 Monaten(fast) keine Quaddeln mehr, meine Haut ist drastisch verbessert, ich habe wieder kräftige Haare und Fingernägel wie seit einigen Jahren schon nicht mehr (die waren durch die Psoriasis arthritis bis hin zum Ausfallen des gesamten Nagels in 2011 noch leicht geschädigt gewesen) und bin allgemein fitter und besser gelaunt. Ich bin jetzt sogar dabei, die schulmedizinischen Medis zu reduzieren, was ohne Probleme schrittweise funktioniert. Habe wieder ein normales Leben mit normalem Tagesablauf, was vor ein paar Monaten noch undenkbar war.

Also mein Fazit lautet: Man sollte seine chronische Urtikaria ganzheitlich betrachten und behandeln. Neben der schulmedizinischen Abkärung der Ursachen ist es aus meiner Sicht sehr empfehlenswert, ergänzend alternativmedizinisch und psychosomatisch die Therapie zu unterstützen, wenn die Diagnose autoreaktive Urtikaria lautet. Eine genaue schulmedizinische Diagnose ist natürlich der Anfang, die Ursache zu erkennen; es nützt einem die genaueste Analytik & Diagnose jedoch nix, wenn keine hilfreiche Therapie daraus abzuleiten ist, und die bei komplexen Ursachen eher vielschichtig und sehr langwierig (wie bei mir) ist, bis sich Erfolge zeigen.
Ich hoffe, dass meine Geschichte diese Schlussfolgerung verständlich unterstreicht und drücke allen Leidgeplagten ganz fest die Daumen, dass ihr euren individuellen Behandlungsweg der chronischen autoreaktiven Urtikaria findet.

Liebe Grüße 8) ,

Eure Tina
alluette
Beiträge: 6
Registriert: 06 Nov 2016, 18:06

Re: Autoreaktive Urtikaria - was mir geholfen hat

Beitrag von alluette »

Hallo Tina77,
vielen Dank für deinen ausführlichen Krankheits- und Genesungsbericht. Du sprichst mir aus der Seele, auch ich habe einen ganzheitlichen Ansatz mit meiner Heilpraktikerin gewählt, der - toi,toi,toi - sehr schnell Erfolg gezeigt hat, bei mir ging es mehr über eine Nahrungsumstellung und Darmunterstützung aber ich nehme auch Vitamin D3 (Dekristol) allerdings 3 Stück die Woche, dazu noch L-Glutamin und eine hohe Dosierung Fischöl Konzentrat. Mir geht es sehr gut und ich nehme nur noch 1 x Tag 120 mg Fexofenadin, das ich hoffentlich bald wieder los werde.

Ich finde es sehr schade, dass insbesondere in Mainz dieser ganzheitliche Ansatz außer Acht gelassen wird, trotzdem bin ich natürlich froh, dass es die Urtikaria Sprechstunde und dieses Forum gibt....
Viele Grüße
Alluette
Tina77
Beiträge: 4
Registriert: 22 Jan 2017, 16:54

Re: Autoreaktive Urtikaria - was mir geholfen hat

Beitrag von Tina77 »

Hallo alluette,

danke für Dein positives Feedback und es ist auch schön zu lesen, dass Du mit dem ganzheitlichen Ansatz bei Deiner Heilpraktikerin auch so gute Erfahrungen machst. Die autoreaktive chronische Urtikaria ist eben bei jedem sehr individuell zu behandeln; wesentlich ist nach meiner Erfahrung die Immunstärkung, also in Deinem Fall die Darmsanierung und bei mir die Eigenbluttherapie mit jeweils ergänzenden Vitaminen/Globuli, die einen "von innen heraus" stärkt, was durchaus etwas dauern kann - und auch positiv zu bleiben und zu denken.

Ich wünsche Dir auf jeden Fall weiterhin viel Erfolg und das die Quaddeln bald Geschichte sind :wink: .

Viele Grüße,
Tina
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