Schwangerschaft als Auslöser ?

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Moderator: USS

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Gast

Beitrag von Gast »

Hallo Dr. Magerl,

während meiner Schwangerschaft vor 2 Jahren traten die ersten Zeichen einer Urtikaria bei mir auf. Mein damaliger Hautarzt sagte, ich wäre allergisch auf ein Schwangerschaftshormon und verschrieb mir ein Antihistamin-Präparat. Der Juckreiz verschwand aber die Erhebungen auf der Haut, die ich überall hatte, blieben. Nach der Entbindung und Stillzeit gab es keine Besserung und ich suchte 3 weitere Hautärzte auf. Die Diagnose dann: Druck-Urtikaria. Alle Ärzte teilten mir mit, dass diese Krankheit nicht behandelbar ist und ich jetzt damit leben müßte. Ich habe diese Erhebungen am ganzen Körper und jeden Tag, wenn ich mich irgendwo berühre (an der Nase, am Auge reibe, an den Armen etc.). Man hat Allergiettests durchgeführt, Prick-Text usw. allerdings ohne Erfolg. Mich belastet diese Krankheit enorm, da ich beruflich oftmals in Besprechungen sitze oder Verhandlungen führe. Jetzt teilte mir der behandelnde Hautarzt mit, es könnte sein, dass ich auf Konservierungsstoffe allergisch bin und ich diese meiden sollte. Ich würde gern auch zu einer Ernährungsberatung gehen - aber an wen soll ich mich da wenden ? Weiterhin denke ich, dass während der Schwangerschaft eine hormonelle Störung aufgetreten ist, die nicht wieder beseitigt wurde - mein Hautarzt ignoriert diese Tatsache offensichtlich - was kann ich tun ? Kann es sein, dass ein Zusammenhang mit Schilddrüsen-Hormonen besteht, da ich während und nach der Schwangerschaft Hormontabletten verschrieben bekam ? Ich finde, die Hautärzte machen es sich doch ziemlich einfach - für mich ist die Ursache klar aber es wurde niemals eine Untersuchung in diese Richtung unternommen. Immer alles auf Allergien zu schieben ist nicht gerade die beste Lösung! Zumal ich nie vor meiner Schwangerschaft irgendwelche Hautprobleme oder Allergien hatte. Können Sie mir raten, welche Spezialisten ich jetzt noch aufsuchen kann ? Mein Hautarzt scheut sich außerdem, mich in eine Haut- oder Spezialklinik einzuweisen, kann ich darauf bestehen ? Ich bin Ihnen wirklich dankbar, wenn Sie meine Fragen beantworten könnten und mir dadurch sehr helfen würden.
Dr. M. Magerl
Facharzt
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Wohnort: Berlin

Beitrag von Dr. M. Magerl »

Hallo,
vielen Dank für Ihre Zuschrift. Zunächst möchte ich zu Ihrer Diagnose anmerken, daß sich eine Druckurtikaria normalerweise nicht durch bloßes Berühren -wie Sie schreiben- auslösen läßt, sondern, wie der Name sagt, eben durch Druck. Außerdem zeigen sich bei der Druckurtikaria eher tiefe Schwellungen als oberflächliche Quaddeln. Leider geht dieser Unterschied aus Ihrer Beschreibung der Hauterscheinungen als "Erhebungen" nicht eindeutig hervor. Ihre Ausführungen sind eher mit einer Urticaria factitia vereinbar, bei dieser Form der Urtikaria reicht ein Bestreichen der Haut (mit einem Kuli o.ä.) mit mäßigem Druck zur Auslösung einer Quaddel (mit Rötung und Juckreiz) an der Stelle der Reizung. Mischformen mit anderen Formen der Urtikaria (auch mit Druckurtikaria) sind sehr häufig.
Bei Urticaria factitia wurde auch schon die Auslösung durch eine Schwangerschaft beschrieben, was an eine Induktion durch Progesteron denken läßt, denn erhöhte Progesteronspiegel können bei einigen Frauen Urtikaria auslösen. Progesteron ist ein weibliches Geschlechtshormon, das in der zweiten Hälfte des Zyklus im Gelbkörper des Eierstocks und während der Schwangerschaft in der Plazenta gebildet wird. Progesteron (resp. Gestagen) ist aber auch in Antibabypillen enthalten. Bei Verdacht auf einen solchen Zusammenhang ist ein Absetzversuch sicher nicht falsch.
Seltener zwar als bei anderen Formen der Urtikaria, aber dennoch möglich, ist eine Intoleranzreaktion, meist auf Nahrungsmittelzusätze wie Konservierungs-, Aroma- und Farbstoffe, oft auch gegen Medikamente wie z. B. Aspirin. Wirkliche allergische Reaktion hingegen sind selten. Den Unterschied zwischen einer Allergie und einer Intoleranzreaktion können Sie auf http://www.urtikaria.net/new/ursachen.htm nachlesen. Besteht Verdacht auf eine Intoleranzreaktion, wird dies durch eine Diät (die sehr streng eingehalten werden muß ) mit pseudoallergenarmer und histaminarmer Kost überprüft. Diätvorgaben erhalten Sie bei Ihrem Arzt oder bei einer Ernährungsberatung (teilweise auch von Krankenkassen angeboten).
Spezialisten zum Thema Urtikaria finden Sie an den meisten Unikliniken. Um dort vorstellig zu werden ist oft eine Überweisung vom niedergelassenen Arzt notwendig, die meisten Hautärzte sind zu einer solchen Überweisung in schweren Fällen durchaus bereit.
In der Hoffnung Ihnen weitergeholfen zu haben, mit freundlichen Grüßen,
Magerl
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