Urtikaria durch ASS (Aspirin)?

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Beitrag von Admin »

Abgeschickt von Veronika am 17 November, 2001 um 22:56:32

Ich (w., 23J.)habe Anfang letzter Woche zum ersten Mal plötzlich eine Urtikaria bekommen; mein Arzt meint sich sicher zu sein, sie sei durch Aspirin ausgelöst - dazu einige Fragen: Die Aspirin-Tabletten nahm ich in der Woche vor Ausbruch während einer leichten Grippe ein (ca. 3-4 Tabletten zwischen Dienstag und Freitag).

1. Frage: Am Montag fingen die Quaddeln an - können also 3-4 Tage zwischen Auslöser und Ausbruch liegen? Bis Mittwoch verschlimmerte es sich so, daß ich zur Ärztin ging, die mir (zunächst ohne auf die Ursache zu kommen) ein Antiallergikum (Zetir) verschrieb. Für ca. 24 Std. half dieses, dann (zwischen Samstag bis Dienstag) fingen die Symptome wieder an sich zu steigern. Am Mittwoch nahm ich nichtsahnend eine weitere Aspirin zu mir. Daraufhin "eskalierte" die Situation bis zu einer katastrophalen Nacht von Donnerstag auf Freitag, in der zusätzlich mein Gesicht (Augen, Mundpartie) bis zur regelrechten Unkenntlichkeit anschwollen. Freitag morgen tippte mein Arzt nun auf den ASS-Auslöser. Er hat mir Prednisin und Terfenadin verschrieben, beide Mittel schlugen bis heute abend (Samstag)sehr gut an.
2. Frage: Bekämpfen diese Mittel ausschließlich die Symptome? Zwischen meiner morgendlichen und abendlichen Terfenadin-Einnahme lagen 11 Std., kurz vorher tauchten wieder einige Quaddeln auf, die sich jetzt aber offensichtlich wieder verflüchtigen.

Meine letzten vier Fragen dazu:
-Wie lange hält wird sich der Auslöser ASS im Körper halten?
- Wie groß ist das Risiko, nach einiger Zeit auf Mittel wie Terfenadin und Prednison nicht mehr zu reagieren?
- Besteht die Gefahr, daß sich nunmehr eine chronische Urtikaria entwickeln könnte, auch unter absoluter Vermeidung von ASS?
- Gibt es ASS-verwandte Wirkstoffe (z.B. in Lebensmitteln wie Nüssen), auf die ich in Zukunft ähnlich reagieren könnte?

Ich wäre dankbar für jede Antwort und jeden Erfahrungsaustausch!
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Beitrag von Admin »

Abgeschickt von Marcus Maurer am 19 November, 2001 um 15:55:31

Liebe Veronika,

zunächst vielen Dank für die Anfrage. Was Ihnen passiert ist, ist etwas sehr Häufiges und deshalb sind die Antworten auf Ihre Fragen bestimmt für viele Mitpatienten/innen hilfreich. Sie leiden im Moment an einer akuten Urtikaria, das ist etwas, was jeder/m Vierten/m von uns im Laufe ihres/seines Lebens einmal passiert. In manchen Fällen nimmt eine akute Urtikaria gerade in den ersten Tagen einen dramatischen Verlauf. Es treten sehr rasch (manchmal kann man dabei zuschauen) die typischen stark juckenden Quaddeln (gelegentlich am ganzen Körper) auf, "als ob man in Brennnesseln gefallen wäre". Oft "fließen" diese Quaddeln ineinander und bilden dann große gerötete und gut tastbare Hautveränderungen von mehreren Zentimeter Größe aus. Manchmal kommt es auch (wie bei Ihnen) zu Schwellungen (oft im Gesicht), die, anders als eine einzelne Quaddel, nicht nach Stunden verschwinden, sondern über mehrere Tage anhalten können. Gefährlich wird eine akute Urtikaria nur dannn wenn die Schleimhäute des Rachenraums (ähnlich wie die Haut) anschwellen und die Luftwege verlegen. In einem solchen Fall sollte SOFORT die Hilfe einer/es Ärztin/Arztes gesucht werden. Die gute Nachricht ist: die allermeisten Fälle einer akuten Urtikaria verschwinden relativ rasch nach wenigen Tagen bis wenigen Wochen und nur in seltenen Fällen geht eine akute Urtikara in eine chronische Urtikaria über. Um die sehr ärgerlichen und oft schlafraubenden Hautveränderungen einer akuten Urtikaria zu behandeln, werden häufig antientzündliche und/oder juckreizstillende Medikamente verabreicht, in der Regel Kortison und/oder ein Anthistaminikum. Kortison bringt die Schwellungen und Quaddeln zur Rückbildung und verhindert für eine gewisse Zeit das Auftreten neuer Hautveränderungen. Antihistaminika wirken eher dem Juckreiz entgegen, als dass sie zur Rückbildung bereits bestehender Hautveränderungen führen oder das Auftreten neuer Quaddeln verhindern. In Ihrem Fall ist es tatsächlich hochwahrscheinlich, dass ASS die akute Urtikaria ausgelöst hat. Auch wenn die akute Urtikaria oft unmittelbar nach Kontakt mit dem Auslöser auftritt, ist dies bei Weitem nicht immer der Fall. Viele Auslöser (u.a. ASS) können auch nach Stunden oder am nächsten Tag noch zum Auftreten einer akuten Urtikaria führen. Oft wird daran gezweifelt, dass ein Medikament wie ASS oder Nahrungsmittel, die schon viele Male zuvor eingenommen oder gegessen wurden, "jetzt plötzlich nicht mehr vertragen werden" und für das Auftreten einer Urtikaria verantwortlich sein können. Dabei wird vergessen, dass man auch nach vielen Jahren der Einnahme von Medikamenten, eine Unverträglichkeit gegen diese entwickeln kann und dass in manchen Fällen zwei Dinge zusammenkommen müssen (z.B. eine Erkältung UND die Einnahme von ASS), um eine akute Urtikaria auzulösen. Fest steht, dass Sie Ihr Aspirin verschenken und in Zukunft auf die Einnahme von ASS verzichten sollten. Auch verwandte Medikamente aus der Gruppe der sogenannten nichtsteroidalen Antiphlogistika (ein kompliziertes Wort!) sollten Sie nicht mehr einnehmen. Hierzu gehören u.a. Ibuprofen und Diclofenac. Denken Sie auch daran, dass diese Wirkstoffe auch in Medikamenten vorkommen, die nicht so heißen (Packungsbeilage lesen, Apotheker fragen). Für Patienten, die ASS nicht vertragen empfiehlt sich, wenn ein Schmerzmittel, etwas Fiebersenkendes oder ein antientzündliches Medikament benötigt wird, die Einnahme von Paracetamol, das viel seltener nicht vertragen wird.
Wie lange hält sich ASS im Körper? Eine gute Frage. Wir kennen Patienten, die nur wenige Tage lang Quaddeln entwickelt haben, aber auch Patienten, die über mehrere Wochen (immer wieder mal) an Schüben von Quaddeln und/oder Schwellungen gelitten haben. Das lässt sich nicht vorhersagen. Zumindest sollte man nicht überrascht sein, wenn es (trotz vollständigem Meiden von ASS) auch in den nächsten Wochen immer wieder einmal zu Quaddeln kommt.
Kortison und Antihistaminika führen, wenn sie für einen kurzen Zeitraum eingenommen werden, typischerweise nicht zur Gewöhnung. Im Zweifel stehen zahlreiche alternative Antihistaminika zur Verfügung, die zum Einsatz kommen können.
Und zu Ihrer letzten Frage: In den allermeisten Fällen ist bei einer durch ASS ausgelösten akuten Urtikaria keine spezielle Diät oder das Meiden von bestimmten Nahrungsmitteln notwendig. Die Wahrscheinlichkeit, dass man nur kurz und dann nie wieder Quaddeln oder Schwellungen entwickelt ist sehr hoch, vorausgesetzt, man meidet den Asulöser. Wenn man allerdings zu den unglücklichen wenigen Menschen gehört, bei denen eine akute Urtikaria in eine chronische Nesselsucht übergeht, empfiehlt sich eine Abklärung der zugrundeliegenden Auslöser und Ursachen und damit unter anderem die Durchführung einer Pseudoallergen-armen Eliminationsdiät.
Ich hoffe, diese Informationen haben Ihnen ein wenig weitergeholfen.

Mit besten Grüßen und Wünschen für eine rasche Besserung aus Mainz,

Marcus Maurer
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