Untersuchungen ohne Ergebnis abgeschlossen, was jetzt?

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Moderator: USS

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Cookie74
Beiträge: 19
Registriert: 05 Okt 2010, 08:18

Untersuchungen ohne Ergebnis abgeschlossen, was jetzt?

Beitrag von Cookie74 »

Hallo liebes Ärzteteam,

ich habe heute dieses Forum gefunden und auch schon etwas gestöbert, aber keine vergleichbare Frage gefunden.

Seit Februar 2010 habe ich ein Problem mit der Urticaria. Leider auch immer wieder mit heftigsten Schwellungen im Gesicht. Untersucht wurde in der Uniklinik von Infekten, über Kälte-/Wärme-Urticaria, Parasiten, Allergietests, Autoimmunreaktion usw. und bis auf eine einzige positive Reaktion (dieser Kratztest) wurde alles ausgeschlossen. Seit einigen Tagen habe ich wieder extreme Quaddeln am ganzen Körper und eben wieder diese fiesen Schwellungen im Gesicht. Das Fexofenadin 180 nimmt zwar den Juckreiz, aber die Schwellungen bleiben.

Vielleicht haben Sie noch einen Tipp für mich, was ich jetzt noch machen könnte, um diese Urticaria wieder loszuwerden. Oder vielleicht haben Sie Erfahrung, ob etwas von meinen Vorerkrankungen dazu geführt haben könnte.

2004 wurde bei mir Multiple Sklerose diagnostiziert und bis Mitte 2007 mit Betaferon behandelt. Durch das Betaferon wurde leider noch eine Hashimoto-Thyreoiditis ausgelöst, die mit Euthyrox 150 behandelt wird. 2007 erfolgte dann die Umstellung meiner Basistherapie auf Copaxone. Dieses Medikament vertrage ich recht gut, wobei es teilweise heftige Entzündungsreaktionen an den Einstichstellen auslöst. Bedarfsmedikation zwischendurch sind noch Ibuprofen und Omeprazol (Refluxösophagitis durch Zwerchfellhernie).

Da die Schwellungen im Gesicht regelrecht entstellend sind, bin ich für jeden Tipp dankbar, den Sie mir geben können.

Herzlichen Dank.
Dr. Nicole Schoepke
Fachärztin
Beiträge: 136
Registriert: 17 Aug 2010, 17:27
Wohnort: Berlin

Re: Untersuchungen ohne Ergebnis abgeschlossen, was jetzt?

Beitrag von Dr. Nicole Schoepke »

Hallo Cookie74,

Antihistaminika wie das von Ihnen beschriebene Fexofenadin sollten sowohl den Juckreiz, als auch die Beschwerden hinsichtlich der Quaddeln vermindern bzw. vollständig hemmen.
Der Hintergrund von diesen Antihistaminika ist, dass sie die Wirkung eines Stoffes (Histamin), der aus Allergiezelle (sog. Mastzellen) freigesetzt wird, hemmen. Bei der Nesselsucht werden diese Allergiezellen vermehrt aktiviert und vermehrt Histamin freigesetzt. Dieses bewirkt eine Weitstellung der Gefäße in Ihrer Haut, was zu einer vermehrten Durchblutung der Haut und damit Rötung führt. Histamin führt aber auch zu einer vermehrten Durchlässigkeit der Hautgefäße. Daher kommt es zum Austritt von Blutwasser in das Gewebe, was wiederum zu Ihren beschriebenen Schwellungen führt. Und letztendlich führt der Stoff Histamin an Ihren Nerven zur Entstehung von Juckreiz. Weil das Antihistaminikum die Wirkung von diesem Stoff Histamin hemmen soll, sollten sowohl die Rötungen, Quaddeln und auch der Juckreiz dadurch gemindert werden.
Wenn das Antihistaminikum, dass Sie aktuelle einnehmen, keine ausreichende Besserung Ihrer Beschwerden ermöglicht, kann es gewechselt werden oder auch in der Dosierung erhöht werden. Auch eine Kombination mit weiteren Medikamenten ist möglich. Diese Möglichkeit können Sie mit Ihrem behandelnden Arzt besprechen.
Sie berichten außerdem, dass es zu Quaddeln im Gesicht kommt. Da sich die Allergiezellen (Mastzellen) nicht nur in der Haut, sondern auch in Schleimhäuten befinden, ist es möglich, dass es darüberhinaus auch zu Schwellungen im Halsbereich kommen könnte. Treten diese Art von Schwellungen auf, ist es immer wichtig sich ärztlich vorzustellen, beispielsweise in der Notaufnahme. Außerdem ist es sehr wichtig, dass Sie mit Ihrem behandelnden Arzt über ein Notfallset (beispielsweise Celestamine und Fenistil) sprechen, wenn Sie dieses noch nicht haben sollten.

Es ist bekannt, dass verschiedene Erkrankungen, wie beispielsweise Infektionen oder auch Autoimmunerkrankungen, mit einer Nesselsucht einhergehen können. Autoimmunerkrankung heißt, dass sich der Körper gegen körpereigene Stoffe richtet. Die von Ihnen berichtete Hashimoto-Thyreoiditis ist eine solche Autoimmunerkrankung der Schilddrüse. In Einzelfällen wurde auch berichtet, dass eine Multiple Sklerose (MS) mit einer Nesselsucht einhergehen kann.

Sie berichten außerdem, dass Sie bei Bedarf das Schmerzmittel Ibuprofen einnehmen.
Bestimmte Medikamente wie das Schmerzmittel Ibuprofen werden in der Regel von Patienten mit Nesselsucht schlecht vertragen und können zu einer Verstärkung der Beschwerden führen. Dazu gehört beispielsweise auch das Kopfschmerzmittel Aspirin (ASS) oder auch Diclofenac. Wir empfehlen daher das Schmerzmittel Ibuprofen - wenn dies möglich ist - zu meiden. Eine Alternative zur Behandlung von Schmerzen, die auch von Patienten mit Nesselsucht vertragen wird, wäre Paracetamol.

Mit den besten Wünschen
Nicole Schoepke
Cookie74
Beiträge: 19
Registriert: 05 Okt 2010, 08:18

Re: Untersuchungen ohne Ergebnis abgeschlossen, was jetzt?

Beitrag von Cookie74 »

Guten Tag Frau Dr. Schoepke,

vielen Dank für Ihre schnelle Antwort.

Ein Notfallset habe ich nicht. Aber ich werde es bei meiner Ärztin beim nächsten Termin einmal ansprechen.

Paracetamol hat bei mir leider nur eine sehr begrenzte Wirksamkeit. Bei stärkeren Schmerzen nehme ich Novalminsulfon. Wäre dies dann auch problematisch oder geht das dann mit der Nesselsucht.

Mit dem Fexofenadin werde ich mal mit meiner Ärztin sprechen. Es ist zumindest sehr frustrierend, dass man nicht einfach irgendeine Ursache findet, die man dann ausschalten kann. Wenn es als Begleiterscheinung der MS oder des Hashimoto auftritt, kann ich vermutlich nichts mehr machen?
Dr. Nicole Schoepke
Fachärztin
Beiträge: 136
Registriert: 17 Aug 2010, 17:27
Wohnort: Berlin

Re: Untersuchungen ohne Ergebnis abgeschlossen, was jetzt?

Beitrag von Dr. Nicole Schoepke »

Hallo Cookie74,
alle sogenannten "nichtsteroidalen Antiphlogistika" wie Aspirin, Ibuprofen, Diclofenac, Phenylbutazon können eine Nesselsucht auslösen oder sie verschlimmern. Bei mäßigen Schmerzen ist alternativ Paracetamol zu empfehlen. Ist dies nicht ausreichend um die Schmerzen zu lindern, könnte auch Tramal eine Alternative zu den "nichtsteroidaler Antiphlogistika" sein. Dies sollten Sie jedoch individuell mit Ihrem Art besprechen. Das von Ihnen beschriebene Novalminsulfon kann in Einzelfällen auch eine Nesselsucht verschlimmern.

Wenn eine Begleiterkrankung möglicherweise die Ursache für die Nesselsucht ist, dann ist deren Behandlung auch für die Symptome der Nesselsucht von Bedeutung. Beispielsweise bei Schilddrüsenerkrankung kann mitunter durch eine Behandlung der auslösenden Ursache auch die Nesselsucht verbessert werden. Zusätzlich können (auch wenn eine Ursache nicht eindeutig ist) Ihre Symptome durch eine nicht ursachenbezogene, sondern durch eine symptomatische Therapie mit Hilfe der Antihistaminika - wie bereits beschrieben - verbessert werden.

Mit den besten Wünschen
Nicole Schoepke
Cookie74
Beiträge: 19
Registriert: 05 Okt 2010, 08:18

Re: Untersuchungen ohne Ergebnis abgeschlossen, was jetzt?

Beitrag von Cookie74 »

Wenn ich das richtig sehe, kann sowohl mein Hashimoto, als auch meine MS Ursache für die Nesselsucht sein :roll: ?

Die MS kann man ja nun nicht behandeln. Für die Schilddrüse bekomme ich Eutyhrox 150. Soll das dann etwa bedeuten, dass ich gar nichts gegen die Urticaria machen kann?

Inzwischen bin ich einfach nur noch frustriert, weil ich jeden Morgen Quaddeln und Ödeme in unterschiedlicher Ausprägung habe, egal, was ich gegessen oder getrunken habe. Der Juckreiz wird zwar genommen, aber es dauert bis zum Abend, bis die Quaddeln besser sind.

Es muss doch irgendetwas geben.... So kann es doch nicht weitergehen. Ich kann ja nichtmal ins Schwimmbad, wenn ich so aussehe.

Anfang des Jahres war ich in der Uniklinik Frankfurt. Gibt es vielleicht eine andere Klinik, die sie mir mehr empfehlen, die evtl. andere Tests machen können? Langsam verzweifel ich nämlich völlig. Mein Körper scheint den Generalkrieg gegen mich ausgerufen zu haben. Eigentlich sollte doch schon die MS ausreichend Strafe genug sein, oder nicht?
Marina Abajian
Ärztin
Beiträge: 62
Registriert: 18 Aug 2010, 12:31
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Re: Untersuchungen ohne Ergebnis abgeschlossen, was jetzt?

Beitrag von Marina Abajian »

Liebe Cookie74,

vereinfacht gesagt gibt es zwei Wege: eine passiven und einen aktiven. Welchen davon man geht, hängt von der individuellen Einstellung zur Erkrankung ab, keiner von beiden kann pauschal als der bessere bezeichnet werden.

Beim passiven Herangehen vertraut man auf die hohe Selbstheilungstendnz der Urtikaria, denn in der Regel verschwindet eine chronische Urtikaria nach Monaten oder Jahren von alleine. Bis dahin kann eine optimale Therapie mit Antihistaminika (auch in Kombination mit anderen Medikamenten) die Symptome bessern und aufrechterhalten.

Wenn Sie zu der Mehrzahl der Betroffenen gehören, die ihre Erkrankung aktiv angehen und an der Heilung mitwirken möchte, müssen Sie zu einer umfangreichen Ursachensuche bereit sein (viele Tests, strenge Diät, etc. ). Bei einer optimal durchgeführten Diagnostik ist die Chance, die Ursache der Nesselsucht zu identifizieren, recht hoch, sodass sich der Aufwand oft lohnt. Dieses Vorgehen empfiehlt sich vor allem, wenn Sie unter Ihrer Erkrankung stark leiden, die Krankheit stark ausgeprägt ist oder lange besteht.

Sollte eine Ursachensuche keine Ergebnisse bringen, könnte eine die Symptome unterdrückende Therapie auch eine Option sein. Weiterhin sollten Sie sich beraten lassen, welches/welche Medikament(e) am besten für Sie geeignet ist.

Für eine chronische (d.h. länger als 6 Wochen anhaltende) Urtikaria gibt es inzwischen an vielen Hautkliniken spezialisierte Sprechstunden. Fragen Sie am besten Ihren Hautarzt. Unter unserer Internetseite sind Links zu den meisten Hautkliniken in Deutschland zu finden. Oder fragen Sie einfach im Forum unter „Erfahrungsaustausch“ andere Betroffene nach ihren Tips.


Beste Grüße
Cookie74
Beiträge: 19
Registriert: 05 Okt 2010, 08:18

Re: Untersuchungen ohne Ergebnis abgeschlossen, was jetzt?

Beitrag von Cookie74 »

Hallo Frau Abajian,

Untersuchungen wurden jede Menge gemacht in der Uniklinik. Leider alle ohne Ergebnis. Auch die Ausschlussdiät habe ich gemacht. Ob es nun dadurch besser wurde oder einfach so wegging, kann man heute nicht mehr sagen, denn nach 2 Monaten hat es wohl auch alleine abgeebbt.

Gibt es denn unterschiedliche Untersuchungen, je nachdem wie oft ein Schub kommt? Ich werde mich so bald ich einen Termin habe, wieder in der Klinik vorstellen, aber so recht Hoffnung habe ich nicht.

Die Additivafreie Diät ist zwar zuhause durchführbar, aber für ein normales Leben ein echtes Hindernis. Kantine, Messen, Geschäftsessen, nichts kann mehr gemacht werden. Vom Treffen mit Freunden zum Essen ganz zu schweigen. Daher meine Frage. Sollte die Diät dann immer nur zu Zeiten der Schübe oder vollständig übernommen werden?

Vielen Dank
Marina Abajian
Ärztin
Beiträge: 62
Registriert: 18 Aug 2010, 12:31
Wohnort: Berlin

Re: Untersuchungen ohne Ergebnis abgeschlossen, was jetzt?

Beitrag von Marina Abajian »

Liebe Cookie74,

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, durch eine spezielle Diät die Ursachen einer chronischen Urtikaria zu klären. Einer der häufigsten Gründe für eine Chronische Urtikaria ist eine Pseudoallergie, d.h. eine Unverträglichkeit gegen Pseudoallergene, die in der Regel in vielen verschiedenen Nahrungsmitteln vorkommen. Außerdem kommt es nicht jedes Mal zu Beschwerden, wenn diese Nahrungsmittel gegessen und getrunken werden. Dies liegt unter anderem daran, dass bei vielen Patienten Beschwerden nur auftreten, wenn bestimmte Mengen der auslösenden Pseudoallergene aufgenommen werden. Ein weiterer Grund kann sein, dass es nun dann zu Beschwerden kommt, wenn mehrere Pseudoallergene gleichzeitig gegessen oder getrunken werden. Deshalb ist es nicht so einfach, festzustellen, ob eine Chronische Urtikaria auf einer Pseudoallergie beruht und welche Pseudoallergene hierbei eine Rolle spielen. Um festzustellen, ob eine Pseudoallergie vorliegt, ist es erforderlich, konsequent eine mindestens dreiwöchige pseudoallergenarme Diät durchzuführen. Wenn nach 3 Wochen keine eindeutige Besserung der Urtikaria aufgetreten ist (d.h. um mindestens 50% besser), muss man davon umgehen, dass die Beschwerden durch das Meiden von Pseudoallergenen nicht vollständig verhindert werden können.

Bei manchen Patienten mit chronischer Urtikaria ergibt sich der verdacht auf eine Histaminintoleranz, der durch eine histaminarme Diät abgeklärt wird. Diese Diät ist empfehlenswert bei Patienten, deren Urtikaria auch mit anderen Symptomen Kopfschmerzattacken, breiigen Stühlen bis hin zum Durchfall, laufender Nase oder/und Asthma bronchiale einhergeht.
Die Histaminarme Diät zeigt schon nach wenigen Tage (5-10) ein Ergebnis an. Sollte der Verdacht auf eine echte Nahrungsmittelallergie bestehen z.B. auf Nüsse oder verschiedenen Obstsorten, reicht eine Kartofel-Reis-Diät über 3 bis 5 Tage aus, um festzustellen, ob eine solche Allergie vorliegt.

Grundsätzlich ist es wichtig, dass Antihistaminika in der Woche vor der Diät und an deren Ende reduziert oder abgesetzt werden, um beurteilen zu können, inwieweit sich die Symptomatik unter der Diät bessert.

Beste Grüße
Cookie74
Beiträge: 19
Registriert: 05 Okt 2010, 08:18

Re: Untersuchungen ohne Ergebnis abgeschlossen, was jetzt?

Beitrag von Cookie74 »

Hallo,

herzlichen Dank für die ausführliche Erklärung.

Ein Absetzen der Antihistamine ist momentan nicht möglich. Habe jetzt auch ein Notfall-Set erhalten und wurde von Telfast 180 auf Aerius umgestellt, da ich unter Telfast in letzter Zeit oftmals Herzrasen bekommen habe. Leider wirkt das Aerius fast gar nicht. Zumindest reicht eine Tablette gar nicht aus, so dass ich schon zwei pro Tag nehme. Weiß allerdings auch nicht. wie hoch ich in der Dosierung gehen kann.

Heißt das, dass ich tatsächlich eine Woche ohne Antihistamine durchhalten müsste, bevor ich die Diät erneut anfange? Wie soll man da den Juckreiz und die Entstellungen durchstehen?
Dr. M. Magerl
Facharzt
Beiträge: 1436
Registriert: 16 Nov 2001, 00:00
Wohnort: Berlin

Re: Untersuchungen ohne Ergebnis abgeschlossen, was jetzt?

Beitrag von Dr. M. Magerl »

Hallo Cookie,
eine pseudoallergenarme Diät lässt sich ideal bewerten, wenn wenig (oder keine) Antihistaminika eingenommen werden, weil sich nur so der Effekt der Diät vom Effekt der Antihistaminika (AH) unterscheiden lässt. Wenn es aber gar nicht anders geht und der Verdacht auf eine Intoleranzurtikaria dringend ist, kann man die Diät natürlich auch mit AH machen und nach 3-4 Wochen schauen, wie weit man die AH reduzieren kann und so den Effekt der Diät feststellen.
Mit besten Grüßen,
Magerl
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