Kälteurtikaria

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Moderator: USS

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Gast

Beitrag von Gast »

Guten Tag,

ich habe seit einigen Jahren eine „Kälteallergie“. Ich freue mich, dass ich in der aktuellen Zeitschrift „Brigitte“ einen Hinweis auf Ihre wirklich ausgesprochen informativen und gut gegliederten Seiten gefunden habe. Als besonders hilfreich finde ich u.a. das Forum, wo ich mich in etlichen Fragen wiederfinde und erkenne, dass es vielen Personen genauso geht wie mir, dass ich also nicht die Einzige mit einer überaus seltenen Krankheit bin, wie ich lange dachte. Die Behandlung bei zwei verschiedenen Hautärzten hat leider keinen Erfolg gebracht. Im Grunde genommen war es auch keine Behandlung. Ich bekam lediglich einen Zettel, auf dem mögliche Nahrungsmittel vermerkt waren, die ich vermeiden soll. Das hilft aber nicht weiter und die Folge ist, dass ich zunehmend weniger draußen bin, wenn es kälter wird, obwohl ich sehr gerne spazieren gehe.

Ich würde daher gerne den Krankheitsbefund durch eine Fachärztin, -arzt bzw. Klinik näher abklären lassen. Ist Ihnen diesbezüglich etwas im Ruhrgebiet bekannt?

Herzlichen Dank im Voraus und viele Grüße
Sabine Hagen aus Bochum (SabineHagen@gmx.net)

PS: Ich würde mich auch sehr über die Hinweise anderer Betroffener freuen, sei es was Ursachen und Hilfemöglichkeiten wie auch von Ärzt/innen betrifft, die in diesem Bereich spezielisiert sind.
Gast

Beitrag von Gast »

Hallo.
Ich habe auch schon seit über 10 Jahren meine Kälteallergie. Ich habe beim Allergologen und beim Internisten die Auskunft erhalten "wenn sie was haben, dann was ganz seltenes". Aber keine Tips, wie ich damit umgehen soll.
Das einzige, was mir gegen den Juckreiz hilft, ist Fenistil. Dadurch werden die Quaddeln zwar noch größer, aber es krabbelt nicht so furchtbar.
Ich habe auch festgestellt, daß die Quaddeln immer wieder an den gleichen Stellen auftreten, nämlich da, wo der Knochen gleich unter der Haut sitzt: Wangenknochen, Augenbrauen, Fingerknöchel, Knie und Schienbein.
gruß, claudia
Gast

Beitrag von Gast »

Anonymous schrieb am 2001-12-12 11:59 :
Hallo.
Ich habe auch schon seit über 10 Jahren meine Kälteallergie. Ich habe beim Allergologen und beim Internisten die Auskunft erhalten "wenn sie was haben, dann was ganz seltenes". Aber keine Tips, wie ich damit umgehen soll.
Das einzige, was mir gegen den Juckreiz hilft, ist Fenistil. Dadurch werden die Quaddeln zwar noch größer, aber es krabbelt nicht so furchtbar.
Ich habe auch festgestellt, daß die Quaddeln immer wieder an den gleichen Stellen auftreten, nämlich da, wo der Knochen gleich unter der Haut sitzt: Wangenknochen, Augenbrauen, Fingerknöchel, Knie und Schienbein.
gruß, claudia

Liebe Claudia,

vielen Dank für den Hinweis. Ich habe vielleicht auch einen kleinen Tipp: Mir hilft ganz gut eine Wund- und Heilsalbe: Hametum heißt sie. Bei mir treten die Quaddeln bisher ausschließlich im Gesicht auf. Bevor ich also in die Kälte gehe, creme ich das Gesicht mit Hametum ein. Es hat mir letztes Jahr ausgezeichnet geholfen, zumindest so weit, dass ich wieder rausgehen konnte und wollte. Dieses Jahr reagiere ich jedoch trotz Hametum sehr empfindlich.

Viele Grüße
Sabine
Gast

Beitrag von Gast »

Hallo,
auch ich habe diese Adresse über die Zeitschrift Brigitte erfahren und freue mich, daß es auch noch andere gibt, die das gleiche wie ich haben. Auch ich hatte bisher den Eindruck, daß wohl kaum einer diese "Krankheit" ernst nimmt. Ich habe keine Ahnung, woher ich diese Allergie habe -ich kann keinen Zusammenhang zwischen Nahrungsmitteln, Arzneimitteln oder sonsigem feststellen. Ich kann nur sagen, daß ich außerdem zunehmend an einer Sonnenallergie leide und auch zunehmend Kopfweh- und Migräneanfällig bin. Letztere Dinge schiebe ich allerdings auf "Wechseljahresbeschwerden.
Bis jetzt komme ich mit meiner Allergie noch einigermaßen zurecht, d.h. ich warte ab, bis die Rötung und das Heißwerden der Haut vorbei ist,fahre bei Kälte nicht mehr mit dem Rad, zum Skifahren habe ich mir eine "Kälteschutzmaske" zugelegt. Ich würde nur gerne wissen, ob das noch schlimmer werden kann und was ich dann mache.
Kann das auch gefährlich werden, wie z.B. ein allergischer Schock? Beim Schwimmen im relativ kalten Wasser hatte ich nämlich einmal ein plötzliches Schwaächegefühl.

Viele Grüße

Inge
Gast

Beitrag von Gast »

Liebe Inge,

vielen Dank für Ihre Antwort.

Soweit mir die eine Ärztin sagte, kann es wohl noch schlimmer werden. Sie riet mir, möglichst Situationen zu vermeiden, die diese „Kälteallergie“, wie ich sie bisher nannte, auslösen. Das bedeutet konsequent gedacht, im Winter nicht mehr rauszugehen, bzw. dieses möglichst kurz zu gestalten. Sie begründete das allerdings nicht mit einem allergischen Schock, sondern damit, dass sich die Allergie auf andere Körperbereiche ausdehnen kann und man noch empfindlicher wird.

Durch diese Seiten habe ich unter Umständen herausfinden können, dass ein Auslöser bei mir ein Medikament sein könnte: Ich habe wegen starker Menstruationsbeschwerden lange das Schmerzmittel Aktren genommen. Der darin enthaltene Stoff Ipuprofen wird wohl schlecht vertragen. Seit nunmehr rund 1,5 Jahren nehme ich die Pille, was die Menstruationsschmerzen so weit reduziert hat, dass die Einnahme von Schmerzmitteln so gut wie gar nicht mehr notwendig ist. Ob bzw. gegebenenfalls wie sich das auf die Kälteurtikaria auswirkt, kann ich nicht sagen.

Herzliche Grüße
Sabine Hagen
Dr. M. Magerl
Facharzt
Beiträge: 1436
Registriert: 16 Nov 2001, 00:00
Wohnort: Berlin

Beitrag von Dr. M. Magerl »

Hallo an alle in dieser Forumsparte,
gemessen an den schnellen Beiträgen hier scheint die Kälteurtikaria kein geringes Problem darzustellen. Zunächst gehe ich anhand Ihrer Schilderungen der Symptome davon aus, daß Sie unter einer Kälteurtikaria leiden. Der Begriff "Kälteallergie" ist irreführend (die gibt's nämlich gar nicht): Eine Kälteurtikaria macht zwar genau die gleichen Beschwerden wie eine Allergie, ist aber keine. Unter den physikalischen Urtikariaformen ist die Kälteurtikaria mit etwa 15% nicht ganz so selten. Diese wird wiederum unterteilt in einen Soforttyp, einen Spättyp und verschiedene Kombinationstypen (Quaddelbildung bei Kälte UND einem zusätzlichen Reiz). Noch unübersichtlicher sind die Ursachen für eine Kälteurtikaria. Dazu zählen in erster Linie eine ganze Reihe verschiedener Grunderkrankungen wie Infektionen, bitte lesen Sie die auf unserer Homepage nach (http://www.urtikaria.net/new/ursachen.htm). Das stellt auch eine Untersuchung der Universitätsklinik Rudolf Virchow in Berlin von 1996 ( den Artikel können Sie sich unter
http://link.springer-ny.com/link/servic ... 470510.pdf herunterladen)
fest. Das könnte auch erklären, warum viele Kälteurtikaria-Patienten, die eine antibiotische Therapie erhalten, auch von ihrer Urtikaria gesunden. Bei einem weiteren großen Teil von Patienten verschwindet die Kälteurtikaria (meist allerdings erst nach ein paar Jahren) von ganz alleine wieder. Vor allem aus diesen zwei Ergebnissen leiten sich unsere Empfehlungen ab: Klären Sie mögliche Infekte (Parasiten, Würmer, Helicobacter, ...) ab. Sollten Sie keine Infekte haben oder eine Antibiose nicht anschlagen, bleibt noch eine gründliche Untersuchung nach weiteren möglichen Ursachen. Bis dahin müssen Sie tatsächlich Kälte (oder: schnelle Temperaturwechsel) meiden, sich warm anziehen, evtl. einen Gesichtsschutz. Vor allem im Sommer sollten der Sprung in kaltes Wasser, kalte Speisen und Getränke gemieden werden, da es in der Tat zu lebensbedrohlichen Schwellungen kommen kann. Für diesen Fall sollten Sie mit einer Notfallmedikation versehen sein.
Speziell noch auf die Frage von Frau Hagen: Ibuprofen und alle Schmerzmittel dieser Klasse (Nicht-steroidale Antiphlogistika) sollten nicht eingenommen werden, sondern durch Paracetamol oder Ähnliches ersetzt werden.
In der Hoffnung Ihnen weitergeholfen zu haben und mit besten Grüßen,
Markus Magerl
Gast

Beitrag von Gast »

guten Tag auch von meiner Seite,

ich habe ebenfalls seit fünf Jahren eine "Kontakt"-Kälte-Urtikaria, die sich zum ersten mal beim Schwimmen im Meer am ganzen "nassen" Körper äußerte, und das, nachdem ich in diesem Urlaub schon zwei Wochen ohne Probleme baden konnte. Seitdem reagiert mein Körper an den Stellen, die direkt mit kaltem Wasser oder "kaltem" (hier reichen manchmal 12 C) Wind (beim Fahrradfahren an schwitzenden Stellen im Gesicht und Halsbereich) oder mit kaltem Regen in Kontakt kommen, mit Rötungen und Quaddeln. Der Juckreiz hält sich bei mir glücklicherweise sehr in Grenzen. Nachdem eine Hautärztin bei mir Kontakt-Kälte-Allergie diagnostiziert und mich mit einem Notfallset ausgestattet wieder weggeschickt hat, konnte auch nach diversen gründlichen Untersuchungen bei anderen Ärzten keine Ursache festgestellt werden. Auch eine monatelange Darmsanierung blieb diesbezüglich erfolglos. Mittlerweile hat mir eine andere Hautärztin noch ein Antihistaminikum verschrieben, das ich allerdings wegen seiner müdemachenden Nebenwirkungen noch nicht ausprobiert habe. Ich gehe seit drei Sommern im Urlaub wieder sehr vorsichtig ins Wasser, halte mich allerdings immer im Uferbereich auf. Ich habe beobachten können, dass ich auf kaltes Wasser weniger sensibel reagiere, wenn mir vorher insgesamt warm ist. Wenn ich allerdings schon leicht fröstelnd ins Wasser gehe, reagiere ich praktisch sofort und auch stärker.
Ich habe noch zwei Fragen an einen Arzt:
1. zum einen würde mich interessieren, ob es möglicherweise einen Zusammenhang zwischen Mückenstichen und der damit einhergehenden Ausschüttung von Histaminen und dem ersten Auftreten der Kälte-Urtikaria geben kann. Ich war nämlich in dem erwähnten Urlaub zuvor mit ungefähr neunzig Mückenstichen übersäht, von denen einige recht dick angeschwollen und einer sich zu einer wahren Beule ausgedehnt hatte
2. außerdem habe ich auf diesen Seiten etwas über eine Wasser-Urtikaria gelesen und jetzt würde es mich natürlich interessieren, ob es sein kann, dass ich gar keine Kälte-Urtikaria sondern eine i.Z. mit kaltem Wasser habe. Tatsächlich macht mir trockenes windstilles Wetter nicht unbedingt zu schaffen.
Zudem würde mich interessieren, ob noch andere die Erfahrung gemacht haben, dass sie über regelmäßigen Kontakt mit kaltem Wasser die Urtikaria besiegen konnten, wie dies von einer Frau aus Lettland in diesem Chat berichtet wurde?
einen schönen Tag wünsche ich allen und den LeidensgenossInnen vor allem warmes Wetter,

Katja
Dr. M. Magerl
Facharzt
Beiträge: 1436
Registriert: 16 Nov 2001, 00:00
Wohnort: Berlin

Beitrag von Dr. M. Magerl »

Guten Tag,
da die Kälteurtikaria hier schon oft besprochen wurde, gehe ich direkt auf Ihre Fragen ein:
1.Ja, es gibt einen Zusammenhang zwischen Mückenstichen (und anderen Tiergiften) und der Auslösung einer Kälteurtikaria. Das wurde in mehreren wissenschaftlichen Artikeln beschrieben. Es ist also durchaus denkbar, daß Sie mit Ihrer Vermutung richtig liegen. Nachgeordnet wäre jedoch auch (abhängig vom Urlaubsland) eine dort erworbene und bisher unentdeckt verlaufende infektion zu denken.
2.Eine Wasserurtikaria (aquagene Urtikaria) ist extrem selten, schon daher ist es unwahrscheinlich. Weniger als 25 Fälle weltweit wurden beschrieben. Bei einer aquagenen Urtikaria würden die Quaddeln während eines 35-36 Grad warmen Vollbades (=Körpertemperatur) entstehen.
Ihre Beobachtungen basieren auf besonderen Eigenschaften des Wassers, das sind zum einen eine große Verdunstungskälte (Quaddeln beim Fahrradfahren an schwitzenden Stellen, bei trockener Kälte aber nicht), zum anderen eine hohe spezifische Wärmekapazität bei guten Wärmeleiteigenschaften (beim Baden entzieht es dem Körper schnell große Mengen Wärme).
Zu Ihrer letzten Frage bezüglich der Kältegewöhnungstherapie folgendes:
Bei dieser sogenannten Hardening-Therapie wird die Haut kalten Temperaturen ausgesetzt, und zwar Temperaturen, die nicht so kalt sind, dass sie Beschwerden auslösen. Mit der Zeit "gewöhnt" sich die Haut an die Kälte und man kann dann immer kältere Temperaturen anwenden. Meist geschieht dies in Form von Bädern oder Duschen. Am Anfang muß das sehr häufig gemacht werden (bis 5 mal am Tag) und wir raten auch, nicht gleich die ganze Haut zu behandeln, sondern z.B. mit den Händen und Unterarmen anzufangen. Nach einer Weile reicht oft einmal am Tag oder alle zwei Tage. Diese Behandlung setzt voraus, dass man die Wassertemperatur genau regulieren und kontrollieren kann, sonst kommt es zu Beschwerden und wenn das Wasser zu kalt ist kann das auch gefährlich sein.
Wir raten deshalb, diese "Hardening-Therapie" nicht ohne die Hilfe eines/r Arztes/Ärztin anzuwenden. Die Therapie funktioniert bei vielen Patienten sehr gut. Allerdings erfordert sie einige Überwindung und man muß sie konsequent anwenden, denn wenn man mal für ein paar Tage aufgehört hat damit, verliert die Haut die "Gewöhnung" an die Kälte schnell.
Übrigens sind die modernen Antihistaminika zumeist nicht sedierend. Müdigkeit kann, muß aber nicht, Nebenwirkung sein.
Mit besten Grüßen,
M. Magerl
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