Typischer Verlauf?

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Moderator: USS

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Miniko
Beiträge: 6
Registriert: 21 Jun 2014, 10:06

Typischer Verlauf?

Beitrag von Miniko »

Hallo zusammen,
Bei meiner Tochter (14) wurde eine akute urtikaria festgestellt. Begonnen hat alles am 2.6., nachdem sie einen Insektenstich hatte. Da sich dieser entzündet hat, verschrien ihr der Hausarzt fexofenaderm. Am 5.6. bekam Sie 10-20 cm große Quaddeln am ganzen Körper. Am 8.6. sind wir zum notdienst weil es schlimmer wurde und Kortison + fenistil iv haben erstmal geholfen. 2 Tage später dann der Schock: ein riesen Angioödem an den und quaddeln die nun gut 30-50cm groß waren. Schmerzen an den Füßen, und ganz starker Juckreiz. 2 Tage im kh und erneut Kortison und fenistil iv brachten wieder Besserung, die quaddeln sind von innen immer heller geworden und zum Schluss waren nur noch die Umrandungen da, die langsam ausgeblichen sind. Nachdem sie 4 weitere Tage Kortison Tabletten 2x 40mg, dann 2x 20mg und während der kompletten zeit xusal genommen hat, kam am ersten Tag ohne Kortison erneut ein Angioödem an der Lippe. Da sie Halsschmerzen dazu bekam sind wir wieder in die Klinik und wieder bekam sie Kortison und fenistil iv...seitdem bekommt sie nur noch pfenniggroße Kreise, die lediglich eine rote Umrandung haben....nun zu meiner frage: ist das ein durchaus typischer Verlauf einer akuten urtikaria? Wir sind am verzweifeln, weil uns niemand was sagen kann und wir uns alle komplett einschränken, aus Angst, der nächste Schub kommt...oder ist es möglich, dass sie das schlimmste schon überstanden hat?

Seit heute Nacht hat sie zwar kaum noch quaddeln, dafür aber starke Bauchschmerzen und Durchfall, ist das Zufall oder hat das auch wieder mit der urtikaria zu tun?
Susiei
Beiträge: 108
Registriert: 25 Mai 2011, 19:46

Re: Typischer Verlauf?

Beitrag von Susiei »

Hallo Miniko,

der Verlauf ist bei jedem anders. Aber in der ganzen Zeit habe ich gelernt, dass es immer mit Wucht zurückkommt, wenn man mit Cortison behandelt hat. Ödeme können überall im und am Körper auftreten, auch an den inneren Organen. Deshalb können die dollen Bauchschmerzen z.B. auch von einer Schwellung der Darmschleimhaut oder ä. kommen und 2 - 3 Tage anhalten.
Mir wurde damals von den Klinikärzten gesagt, dass ich nach den ersten Schüben der akuten Urtikaria den Fehler gemacht habe, die Antihistamine abzusetzen. Sie haben dort die Erfahrung gemacht, dass man bei einer akuten Urtikaria, die nicht nach einer Behandlung weg ist und wegbleibt, dann soll man auf jeden Fall 4 - 6 Wochen konsequent Antihistamine nehmen, um die Urtikaria im Keim zu ersticken und nicht eine chronische Form daraus entstehen zu lassen. Ich würde erst mal hochdosiert Antihistamine nehmen und nebenbei die normale Urtikaria - Fokussuche starten (chronische Entzündungen, Zähne, Schilddrüse, Helicobacter u.ä.). Haben Euch die Ärzte in der Klinik keine Tips gegeben - oder gibt es dort eine Allergieambulanz?

LG, Susi
Miniko
Beiträge: 6
Registriert: 21 Jun 2014, 10:06

Re: Typischer Verlauf?

Beitrag von Miniko »

Danke für deine Nachricht. Leider haben uns die Ärzte so gut wie nichts sagen können, außer, dass sie eine HIT für unwahrscheinlich halten. Genauer schauen werden sie aber erst, wenn es länger als 6 Wochen anhält. Wir waren bei Kinesiologin, die uns sagte, meine Tochter sei allergisch auf bestimmte Gräser und auf Fexofenaderm, dies möchte ich aber auf jeden Fall auch noch schulmedizinisch abklären lassen. Nun sind wir bereits bei 2,5 Wochen angekommen, das Kortison lassen wir ausschleichen und das xusal nimmt sie weiterhin 2-4 mal am Tag...ich hoffe so sehr dass es eine akute urtikaria ist und der Spuk hat bald ein Ende :-(
Miniko
Beiträge: 6
Registriert: 21 Jun 2014, 10:06

Re: Typischer Verlauf?

Beitrag von Miniko »

Da bin ich wieder...und wieder beim Doc. Sie hat wohl tatsächlich ein Angioödem am Darm und soll wieder Kortison nehmen (20mg), zusätzlich weiter Xusal...das hautbild ist heute auch wieder deutlich schlechter...und dann sind wieder diese Zweifel am Kortison...kann auch jemand etwas positives von der Kortisoneinnahme berichten? Fakt ist, sobald wir es absetzen, wird es wieder schlimmer :-(
Petra_FFM
Beiträge: 32
Registriert: 28 Apr 2014, 19:04
Wohnort: Frankfurt am Main

Re: Typischer Verlauf?

Beitrag von Petra_FFM »

Hi,

also ich habe durchweg schlechte Erfahrungen mit Cortison, es hat nicht wesentlich geholfen, ich habe zugenommen, mir war dauerend schlecht und bei Absetzen hat sich die Urtikaria sofort extrem verschlechtern, nach jeder Stoßtherapie mit Cortison war ich mind. 1 Woche extrem verquaddeln. Also deine Frage, kann jemand was Positives über Cortison berichten, ich nicht.

Gruss Petra
Dr. M. Magerl
Facharzt
Beiträge: 1436
Registriert: 16 Nov 2001, 00:00
Wohnort: Berlin

Re: Typischer Verlauf?

Beitrag von Dr. M. Magerl »

Hallo Miniko,

Urtikaria ist eine ausgesprochen vielgestaltige Erkrankung. Es ist oft schwierig, einen typischen Verlauf zu charakterisieren. Ganz ungewöhnlich jedoch ist die Geschichte Ihrer Tochter nicht. Wir beobachten oft, dass Patienten mit einer akuten Urtikaria vor allem in der Anfangszeit eine sehr ausgeprägte Schwere der Erkrankung haben, die im Laufe der Zeit oft nachlässt. Sie beschreiben, dass ein entzündeter Insektenstich die Sache ausgelöst hat. Das ist dann doch relativ typisch. Entzündungen sind eine der häufigsten Ursachen für die Auslösung einer akuten Urtikaria. Bei Patienten mit Urtikaria kann es auch mal zu Bauchschmerzen und Durchfall kommen. Das ist aber nicht ganz so häufig und wird von den Patienten oft als nicht ganz so dramatisch beschrieben. So wie Sie das darstellen, würde ich es also nicht einfach darauf beruhen lassen dass es zur Urtikaria gehört, sondern hier die Augen offen halten ob es nicht doch eine andere Ursache für die starken Bauchschmerzen und den Durchfall gibt. Bei akuter Urtikaria kann es dazu kommen, dass wegen der Schwere der Beschwerden Kortison eingesetzt werden muss. In jedem Fall sollte man dann aber die Therapie mit Antihistaminika voll ausgeschöpft haben, um mögliche Nebenwirkungen des Kortisons zu reduzieren.

Mit freundlichen Grüßen
Markus Magerl
dieBiene
Beiträge: 5
Registriert: 14 Jun 2014, 16:35

Re: Typischer Verlauf?

Beitrag von dieBiene »

Hallo,

ich habe auch Angioödem und bin häufig geplagt von einem immer gleich verläufende Magen und Darmproblematik. Ich habe es sehr genau untersuchen lassen, aber leider war es nie möglich während einen Schub. Es ist gut auch andere mögliche Grunden nachzugehen, nur damit du dir sicher fühlst.

Die Magen und Darmproblematik, obwohl nie anerkannt als Symptom von Urtikaria, wird bei mir besser mit Behandlung.

Ein HIT-diät hat nichts an die Ödeme außerhalb vom Bauch verändert, aber im Bauch etwas gelindert. Das Diät ist nicht extrem kompliziert, versuche es doch einfach, es gibt einige Rezepte ins Netz, vor allem in der Schweiz. Versuche mal statt Brot mit Hefe, Brot mit Natron, Essig und Buttermilch zu backen, ist super einfach... mischen und ab im Ofen.

Viel Erfolg und hoffentlich wird es bald besser oder vielleicht ist es schon vorbei.

Gruß,
die Biene
Miniko
Beiträge: 6
Registriert: 21 Jun 2014, 10:06

Re: Typischer Verlauf?

Beitrag von Miniko »

Und jährlich grüßt das Murmeltier....auf den Tag genau 1 Jahr später hat meine Tochter wieder ein Angioödem und Quaddeln bekommen. Ein erneuter Bluttest hat wieder keinerlei Allergien auf Gräser o. ä. ergeben...das Ausmaß ist bei weitem nicht so stark wie im letzten Jahr, aber hat irgendjemand ne Ahnung warum immer zur selben Zeit? Das Wetter ist es auch nicht...wie es anfing hatten wir nur 15 Grad.

Ich danke schonmal vorab für jeden Tipp...
Dr. Nicole Schoepke
Fachärztin
Beiträge: 136
Registriert: 17 Aug 2010, 17:27
Wohnort: Berlin

Re: Typischer Verlauf?

Beitrag von Dr. Nicole Schoepke »

Hallo Miniko,
warum die Beschwerden zu genau der gleichen Zeit aufgetreten sind wie im Vorjahr ist mir ehrlich gesagt auch ein Rätsel… möglicherweise ein Zufall? Normalerweise können die Beschwerden einer chronischen spontanen Nesselsucht durch Infektionen gefördert werden – möglicherweise hatte Ihre Tochter zur gleichen Zeit einen Infekt? Andere Auslöser können Medikamente oder Nahrungsmittel sein. Sehen Sie eventuell hier einen Zusammenhang? Bestehen die Beschwerden aktuell immer noch oder war es nur eine einmalige Episode? Wenn die Beschwerden im Sinne einer chronischen spontanen Nesselsucht fortbestehen, wäre eine Ursachensuche nach den großen Bereichen – Infektion, Nahrungsmittel, Medikamente, autoimmune Faktoren – möglich. Solche Durchuntersuchungen werden bsp. von (Universitäts-) Kliniken angeboten. Alternativ ist die symptomatische Therapie mit bsp. Antihistamnika möglich. Sie sollten mit Ihrem behandelnden Dermatologen besprechen, ob in dem speziellen Fall Ihrer Tochter eine Durchuntersuchung sinnvoll ist und ob eine Therapie mit Antihistamnika in dem speziellen Fall möglch ist.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Ursachensuche und Therapie.
Mit den besten Grüßen
Nicole Schoepke
Miniko
Beiträge: 6
Registriert: 21 Jun 2014, 10:06

Re: Typischer Verlauf?

Beitrag von Miniko »

Hallo nochmal,

sie nimmt nun schon seit fast 6 Wochen antihistaminika und nahm die letzten 14 Tage auch täglich 20mg cortison. Nachdem sie dies am Dienstag abgesetzt hat bekam sie gestern wieder einen starken Schub, diesmal ist der Mund samt Kehlkopf angeschwollen und sie ist seit gestern wieder stationär. Neue Quaddeln hat sie seit gestern auch wieder. Die Ärzte im krankenhaus machen außer cortison zu geben leider nichts :-( und einen Dermatologen der uns aufnimmt gibt es leider nicht :-(
Dr. M. Magerl
Facharzt
Beiträge: 1436
Registriert: 16 Nov 2001, 00:00
Wohnort: Berlin

Re: Typischer Verlauf?

Beitrag von Dr. M. Magerl »

Hallo Miniko,
was ich letztes Jahr schrieb (" In jedem Fall sollte man dann aber die Therapie mit Antihistaminika voll ausgeschöpft haben, um mögliche Nebenwirkungen des Kortisons zu reduzieren."), sollte auch jetzt Anwendung finden. Kortison kann mal notwendig werden, aber erst, wenn Antihistaminika wirklich nicht mehr reichen. Und laut Leitlinie kann und sollte man in solchen Fällen die modernen Antihistaminika auch in erhöhter Dosis verabreichen. Wochenlang Kortison ist keine Lösung. Dann doch besser mit den Ärzten besprechen, ob Omalizumab eine Lösung wäre.
Mit besten Grüßen,
Magerl
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