Einzelne Quaddel/Urtikaria & Arbeitsleben

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Moderator: USS

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Johannes92
Beiträge: 6
Registriert: 29 Aug 2014, 13:47

Einzelne Quaddel/Urtikaria & Arbeitsleben

Beitrag von Johannes92 »

Hallo zusammen,

habe hier bereits kompetente Antworten auf meine Fragen bzgl. meiner Urtikaria-Geschichte erhalten. Da ich die Kompetenz des Ärzteteams & der Userschaft schätze, möchte ich noch 2 Fragen stellen.

1)

In letzter Zeit trifft bei mir die Urtikaria nur in Form einer einzelnen Quaddel (meistens am Unterarm/Bauchbereich/Hals) auf. Dabei haben diese Stellen keinen Kontakt zu irgendwelchen "besonderen" Materialien, die eben diese Quaddel auslösen könnten. Das ist für mich unüblich, da ich früher nach der Ausprägung der ersten Quaddeln binnen weniger Minuten am ganzen Körper mit Quaddeln und höllischem Juckreiz übersät war :/ Auch kann ich immer noch keine bestimmte Ursache festmachen. Wie kann man sich sowas erklären?

2)

Dieses Jahr werde ich mein Verbundsstudium antreten (d.h. zunächst Ausbildung und danach, soweit es von den Leistungen her passt, Studium). Nun habe ich aber panische Angst davor, dass die Urtikaria mich auch während meiner Azubi-Zeit plagen wird (während meines letzten viermonatigen Ferienjobs trat die Urtikaria 2 mal auf, einmal sah das so heftig aus, dass der Meister den Notdienst rufen wollte :-? ). Viele Menschen wissen scheinbar nichts von Nesselsucht - ich musste mir schon Sprüche wie "Der hat bestimmt die Pest/Ebola/etc. anhören".

Jedenfalls ist mir mittlerweile klar geworden, dass meine Urtikaria durch den Faktor körperl. Anstrengung (+Stress) verursacht oder zumindest deutlich verstärkt wird. Während einer gewerblichen Ausbildung lässt sich dieser Faktor aber kaum einschränken, von daher rechte ich damit, dass mich die Urti auch während der Ausbildung nicht verschonen wird.

So, nun möchte ich meinem Hautarzt diesen Sachverhalt erläutern, dass mich die Urti eben auch psychisch belastet/belasten wird, in der Hoffnung auf eine Xolair-Behandlung (Cetirizin schränkt meine Konzentrationsfähigkeit, Lora bringt leider nichts). Mit einer Xolair-Behandlung könnte meine Lebensqualität deutlich steigen, die zumeist positiven Erfahrungsberichte sprechen für sich.

Wie stehen meine Chancen, eine Bewilligung für eine Xolair-Therapie zu erhalten? Welche Nachweise wird der Hautarzt einfordern? Wird die Krankenkasse nach einer Bewilligung für die Therapie aufkommen müssen?


Viele Grüße,

Johnny!
Dr. Nicole Schoepke
Fachärztin
Beiträge: 136
Registriert: 17 Aug 2010, 17:27
Wohnort: Berlin

Re: Einzelne Quaddel/Urtikaria & Arbeitsleben

Beitrag von Dr. Nicole Schoepke »

Hallo Johannes 92,
zunächst zu Ihrer ersten Frage: Die Verteilung und auch die Form und Größe der einzelnen Quaddeln kann stark variieren. Nach Ihrer Beschreibung handelt es sich bei Ihnen wahrscheinlich um eine cholinergische Urtikaria, wenn die Beschwerden nach Erhöhung der Körperkerntemperatur entstehen - also bsp. bei Sport, dem Genuss heißer Speisen, Wärme. Treten die Quaddeln möglciherweise dort auf, wo Sie auch vermehrt schwitzen?

Zu Ihrer zweiten Frage: Zunächst einmal ist es sehr wichtig zu klären, welche Form der Nesselsucht der haben, sollten verschiedene Formen vorliegen, welche dominiert dann? Haben Sie bsp. nur eine cholinergische Nesselsucht oder doch eine chronische spontane Nesselsucht, bei welcher die Beschwerden aus "heiterem Himmel" auftreten und nicht durch Provokation durch äußere Stimuli. Seit März 2014 ist das Medikament Xolair / Omalizumab erfreulicherweise für die chronische spontane Nesselsucht zu gelassen. Für andere Formen wie der cholinergischen Nesselscuht ist dies noch nicht der Fall. Es ist möglich einen Kostenantrag zu stellen, dies ist aus Erfahrung jedoch häufig ein langwieriger Prozess und leider nicht immer von Erfolg gekrönt. Wichtig hierfür ist u.a. aufzuzeigen, dass Sie alle anderen Therapieoptionen ausgeschöpft haben oder dass bestimmt Therapieoptionen bei Ihnen nicht zum Einsatz kommen können. Es sollte auch dargestellt werden, wie die Nesselsucht Ihre Lebensqualität beeinflusst, sowie die aktuelle Datenlage und Studienergebnisse mit Omalizumab bei der jeweiligen Urtikariaform. Sie können mit Ihrem behandelnden Arzt die Möglichkeit besprechen, ob dieser einen Kostenantrag stellen kann. Ich wünsche Ihnen hierfür viel Erfolg.
Mit den besten Grüßen
Nicole Schoepke
Johannes92
Beiträge: 6
Registriert: 29 Aug 2014, 13:47

Re: Einzelne Quaddel/Urtikaria & Arbeitsleben

Beitrag von Johannes92 »

Hallo Frau Dr. Schoepke,

vielen Dank für Ihre schnelle und hilfreiche Antwort!

Eine rein cholinergische Urtikaria kann es bei mir nicht sein, da sie nicht ausschließlich auf den Faktor "Anstieg der Körpertemperatur bzw. körperl. Anstrengung" zurückzuführen ist. Bin neulich einen Halbmarathon gelaufen ohne eine einzige Quaddel am Körper. Auch kann ich ohne Beschwerden saunieren etc. Daher vermute ich mal. dass körperliche Anstrengung lediglich ein verstärkender Faktor ist, aber nicht die alleinige Ursache. Folglich würde ich sehr stark auf eine chronisch spontane Urtikaria tippen!

Welche Therapieoptionen außer Antihistaminika gibt es denn noch? Bei mir wurde bisher nur Cetirizin/Lora verabreicht. Eine Untersuchung auf den helicobacter pylori bei einem Internisten könnte ich noch versuchen - aber wenn ich davon betroffen wäre, müssten die Symptome doch deutlich regelmäßiger auftreten (täglich?). Ersteres macht mich sehr schläfrig, sodass ich mich nicht mehr auf die Arbeit konzentrieren könnte und letzteres zeigt leider 0 Wirkung :/
Ich will ja auch nicht gleich mit Kanonen auf Spatzen schießen, da meine Urti zum Glück relativ selten auftritt (vielleicht 10 x pro Jahr). Aber andererseits möchte ich auch keine Optionen auslassen - müsste ich den Kostenantrag bei meiner Krankenkasse einreichen oder würde dies der jeweilige Hautarzt für mich "stellvertretend" erledigen?

Wie stehen die Chancen einer Spontanheilung einer chronisch spontanen Urtikaria? Habe sie schon mittlerweile seit ca. 5-6 Jahren. Meine Hoffnung ist ja, dass sie eines Tages "von selbst" verschwindet :D

Johannes
Dr. Nicole Schoepke
Fachärztin
Beiträge: 136
Registriert: 17 Aug 2010, 17:27
Wohnort: Berlin

Re: Einzelne Quaddel/Urtikaria & Arbeitsleben

Beitrag von Dr. Nicole Schoepke »

Hallo Johannes,

Zunächst zu Ihrer ersten Frage:
Welche Therapieoptionen außer Antihistaminika gibt es denn noch?
Es gibt verschiedene Antihistaminika (Loratadin, Ceterizin, Aerius, Rupatadin....). Wenn diese nicht in der Einfachdosierung ansprechen, kann (in Rücksprache mit dem Arzt) - eine Vierfach- Dosierung versucht werden. Sollte diese Theraopie nicht ansprechen, kann bei der chronischen spontanen Urtikaria bsp. Xolair versucht werden - wie bereits zuvor beschrieben.

Zu Ihrer zweiten Frage:
Eine Untersuchung auf den helicobacter pylori bei einem Internisten könnte ich noch versuchen - aber wenn ich davon betroffen wäre, müssten die Symptome doch deutlich regelmäßiger auftreten (täglich?).

Sollte eine Helicobacter Infektion die Ursache sein, müssen die Symptome nicht unbedingt täglich auftreten. Häufig können auch mehrere Ursachen zusammen spielen. Daher wäre bei einer möglichen Ursachenabklärung die Untersuchung der verschiedenen Ursachen sinnvoll - bsp. Infektion, Unverträglichkeit gegenüber Medikamenten- oder Nahrungsmittelinhaltsstoffen oder autimmune Phänomene.

Zu Ihrer dritten Frage:
Aber andererseits möchte ich auch keine Optionen auslassen - müsste ich den Kostenantrag bei meiner Krankenkasse einreichen oder würde dies der jeweilige Hautarzt für mich "stellvertretend" erledigen?

Sie sollten mit Ihrem Arzt die Möglichkeit besprechen. Wenn er es für sinnvoll erachtet, wird er einen Kostenantrag stellen für Sie, welchen Sie einreichen können. Dies muss aber nur gemacht werden, wenn sie eine andere Form der Nesselsucht und keine chronsiche spontane Nesselsucht haben. Umso wichtiger ist es durch einen Arzt die Form der Nesselsucht im Rahmen eines Arzt-Patientes Gespräches einzuordnen.

Und zu guter Letzt:
Wie stehen die Chancen einer Spontanheilung einer chronisch spontanen Urtikaria?

In der Literatur gibt es schwankende Angaben von 6-7 Jahre Erkrankungsdauer für die Nesselsucht. Dies ist nur ein Durchschnittswert, der sich daraus ergibt, dass manche Patienten nur wenige Wochen oder Monate und mache Patienetn mehrere Jahre darunter leiden. Eine genaue Angabe kann ich Ihnen daher leider nicht geben.

Ich wünsche Ihnen bei der Behandlung und / oder Diagnostik Ihrer Beschwerden viel Erfolg.
Mit besten Wünschen
Nicole Schoepke
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