Urticaria durch Cotrimoxacol?

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Moderator: USS

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Vera
Beiträge: 4
Registriert: 15 Jan 2006, 10:01
Wohnort: Bonn

Urticaria durch Cotrimoxacol?

Beitrag von Vera »

Guten Morgen Berlin!
Anfang November habe ich mir nach Antibiogramm wegen Harnwegsinfekt Cotrimoxacol verordnet.(Bin Allgemeinmed.) Nach einigen Tagen erstmals Urticaria, die von Tag zu Tag massiver wurde, auch unter Xusal oder Telfast. Leberwerte, CRP ganz gut erhöht, insbesondere alkalische Phosphatase. Histaminhaltige Nahrungsmittel verschlimmern. Einmaliges Angioödem ( unter Xusal) nach histaminreicher Mahlzeit und gleichzeitigem Infekt der oberen Luftwege. Hitze verschlimmert, Druck verschlimmert. Mit Xusal erträglich.
IGE im Normbereich, Autoantikörper waren im Dez. ok. Schilddrüse: keine Thyreoiditis, aber Jod-Thyrox wegen multinodaler Schilddrüse.

Um einen vernünftigen Diaminoxidase Wert zu bekommen, habe ich vor fünf Tagen das Xusal abgesetzt. nach zwei Tagen ging der volle "Zauber" wieder los, abends ist es am Schlimmsten, eingeleitet wird das ganze durch ein fürchterliches Frieren, Kopfschmerzen, Arrhythmie. Der gestrige Hautausschlag war jedoch nicht wie die üblichen riesigen urticaria-Effloreszenzen, sondern sah eher wie ein Scharlachexanthem aus, die Haut war im Gesicht, Hals, Oberkörper und Oberarmen so "frieselig", es brannte irgendwie, fast so wie bei einem Sonnenbrand. Ich habe fürchterlich gefroren. Vom Essen kanns nicht sein, ich habe ein Heilfasten begonnen, bin froh, daß ich nichts essen "muß" was zum Problem werden könnte.
Frage nach all den Infos: Ist es möglich daß das Cotrimoxacol eine derartige "Lawine" bei irgendeiner Disposition angekurbelt hat? Habe ich Chance, daß das verschwindet, was sollte man vielleicht unbedingt noch abklären?Und was halten Sie von der Akupunktur in diesem Zusammenhang?
Natürlich bei ernsthaftem Kollegen.
Im Voraus danke für Ihre Bemühungen
michael_mg
Beiträge: 99
Registriert: 04 Jan 2004, 16:16
Wohnort: Mönchengladbach

Beitrag von michael_mg »

Hallo Vera,

ich bin kein Arzt und den Ärzten hier im Forum möchte ich nicht vorgreifen, aber es werden exakt die Sympthome beschrieben, die ich auch hatte.
Ich bekomme Druckurtikaria seit 12 Jahren zumeist durch versteckte Infekte. Auch bei mir wurde es einmal durch einen Harnwegsinfekt ausgelöst. Dieser wurde behandelt und anscheinend auch auskuriert. Aber die Urtikaria blieb. Druck, Hitze und diverse Lebensmittel verstärken sie.

Entweder waren ein paar Bakterien resistent geworden, gewandert oder neue hinzugekommen. Jedenfalls verschwand die Druckurtikaria erst, nachdem ich über ein Jahr später, wegen eines anderen Infektes, mit Ciprofloxacin behandelt wurde.

Vielleicht ist das ein Ansatzpunkt.

Viele Grüße

Michael
Dr. M. Magerl
Facharzt
Beiträge: 1436
Registriert: 16 Nov 2001, 00:00
Wohnort: Berlin

Beitrag von Dr. M. Magerl »

Hallo Vera,
Infekte als auch Medikamentenunverträglichkeiten können die Urtikaria losgetreten haben. Eine unkomplizierte HWI ist jedoch kein typischer Auslöser, andererseits ist ein stramm erhöhtes CRP auch nicht klassisch für eine unkomplizierte HWI. Möglicherweise steckt noch ein anderer Infekt dahinter. Auch Cotrimoxazol kommt in Frage als Auslöser, ebenfalls nicht als absoluter Klassiker, aber gut möglich.
Auf der anderen Seite erwähnen Sie einen Zusammenhang zu histaminreichen Nahrungsmitteln (NM). NM- bzw. Histaminunverträglichkeiten sind relativ häufig die Ursache. Hier hilft eine strenge 3-wöchige Pseudoallergenarme Diät, die im Erfolgsfall aufgebaut werden muss. Der Erfolg wird durch Tagebuchführung überprüft ( http://www.urtikaria.net/fileadmin/unev ... chUNEV.pdf ). In die Beurteilung des Erfolges geht v.a. die Anzahl der Quaddeln und die Stärke des Juckreizes ein. Es dauert oft >10 Tage, bis ein Erfolg spürbar wird. Für den Fall, dass die Verbesserung ausschließlich auf der Vermeidung histaminreicher Speisen beruht, ist der Aufbau nicht notwendig, es reicht das Meiden bekannter Histaminbomben. Eine Hilfestellung zur Diät finden Sie unter http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/061-005.htm . Einer Histaminintoleranz kann Vit B6 Mangel zugrundeliegen. Die Diaminoxidase ist hingegen sehr schwierig zu messen und die Ergebnisse sind nicht immer klinisch relevant.
Wärme ist in aller Regel als unspezifischer Trigger anzusehen.
Wenn sich die Hautveränderungen verändern (so "frieselig"), so daß Sie nicht mehr sicher sind, ob es sich um eine Urtikaria oder etwas anderes handelt, sollten Sie sich bei einem Dermatologen vorstellig machen.
Von einer Therapie mit Akupunktur raten wir nicht ab, empfehlen aber eher die antihistaminische Therapie als sicher wirksam und ggf. die Abklärung der Ursache. Vor allem im Anfangsstadium der Erkrankung ist die Tendenz zur Spontanheilung immer gegeben und beträchtlich.
Mit besten Grüßen,
Magerl
Vera
Beiträge: 4
Registriert: 15 Jan 2006, 10:01
Wohnort: Bonn

Leber-Autoimmunerkrankung-Urticaria?

Beitrag von Vera »

Sehr geehrter Herr Dr. Magerl,
spät, aber umso herzlicher danke für Ihre Antwort. Die links sind hilfreich.
Inzwischen ist die Sache so eskaliert, daß ich in Absprache mit Kollegem Heilfasten durchgeführt habe, was immerhin 5 urticariafreie Tage -ohne Antihistaminikum- gebracht hat. Allerdings habe ich mich im Gegensatz zu frühreren Heilfastentagen sehr schlecht gefühlt. Mit dem Aufbau der Nahrung- allerdings lediglich Wasser-Gries, Wasser Hafeflocken, dann Rinderbrühe bzw. Hühnerbrühe mit Blumenkohl-alles selbstgemacht kam auch die Urticaria massivst wieder. Die Akupunktur hat rein garnichts bewirkt. Gibt es Ihrer Erfahrung nach Autoimmunerkrankungen der Leber , die mit Urticaria einhergehen?Ein Termin in entsprechender Einrichtung ist gemacht, dauert aber noch...ich habe versucht den beta- Blocker auszuschleichen, aber nach 5 Jahren klappt das nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. M. Magerl
Facharzt
Beiträge: 1436
Registriert: 16 Nov 2001, 00:00
Wohnort: Berlin

Beitrag von Dr. M. Magerl »

Hallo Vera,
eine Autoimmunerkrankung der Leber als Ursache der Urtikaria mag ich nicht völlig ausschließen, untergekommen ist mir das aber noch nicht. Vorsicht, falls Sie vorhaben, den Beta-Blocker durch einen ACE-Hemmer zu ersetzen!
Mit besten Grüßen,
Magerl
Pohlert

Urticaria ist weg

Beitrag von Pohlert »

Vielen Dank für den Tipp Herr Dr. Mager. Nach 14 Wochen täglicher Urticaria ist nach dem Heilfasten und jetzt vorsichtigem Essen der Spuk vorbei!! Ich meide noch histaminreiche Angelegenheiten. Die Immunologie hat nichts ergeben. Allerdings haben wir den starken Verdacht auf eine Enzymstörung im Cytochrom P 450 system, was die toxische Leberreaktion nach diversen Antibiotika hervorgerufen haben könnte. Das Cotrim hat dann den Rest besorgt.
Ich hoffe das war eine einmalige Geschichte.
Mit freundlichem Gruß
Vera P.
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